„Die Hugenotten“ von Giacomo Meyerbeer – Deutsche Oper Berlin– 2016
Ball in der Lagerhalle
„Die Hugenotten“ an der Deutschen Oper Berlin
Dort hatten vor einigen Tagen „Die Hugenotten“ von Giacomo Meyerbeer Premiere. Die Deutsche Oper hat ja
kürzlich schon „Die Afrikanerin“ in der restaurierten Fassung als „Vasco da Gama“ vorgestellt, nun also eine weitere Grande Opéra von
Meyerbeer – der ja immerhin aus Brandenburg stammt.
Schlussszene „Die Hugenotten“ von Giacomo Meyerbeer,
Regie: David Alden, Premiere am 13.11.2016, Deutsche Oper Berlin
copyright: Bettina Stör
In dieser Oper geht es um eine erfundene Vorgeschichte der Pariser
Bartholomäusnacht. Ein junger protestantischer Offizier verliebt sich in eine
katholische junge Dame. Und eigentlich könnte es im zweiten Akt schon zu einem
Happy End kommen, weil Königin Marguerite für die Auflösung deren Verlöbnis'
sorgt – aber Raoul verschmäht die Hand, weil er denkt Valentine sei die
Geliebte des Grafen Nevers, bei dem er im ersten Akt zu einem frivolen Fest
eingeladen war. Hugenottische Tugenden vermittelt in der Oper Raouls Diener
Marcel, der als protestantisches Leitmotiv der Oper den Choral „Ein feste
Burg ist unser Gott“ anstimmt, der seinen Schützling dann im dritten Akt
vor der Ermordung durch katholische Offiziere schützt, nachdem Valentine ihn
gewarnt hat. Im vierten Akt ist es Valentines Vater, der die Organisation der
Bartholomäusnacht übernimmt, jener Massenmord, bei dem in der Nacht vom 23. auf
den 24. August 1572 fanatische Katholiken die Pariser Hugenotten niedermetzeln.
In der Oper ist das der fünfte Akt. Noch leben Raoul, Marcel und Valentine.
Diese tritt zum protestantischen Glauben über und wird von Marcel in einer
Nottrauung mit Raoul verheiratet. Wenn dann ihr Vater mit den Schergen
auftaucht, bekennt sie sich als Hugenottin und wird umgebracht. Das ist
normalerweise sehr effektvoll, ging aber in Berlin irgendwie unter. Entweder
Olesha Golovneva hat den Text vergessen oder man hat es wegen des akustisch denkbar
ungünstigen Bühnenbilds einfach nicht gehört.
Ein orthogonal gebautes Bühnenbild mag ja vom Regiepult während der Proben
einen interessanten Eindruck machen. Wenn aber die Hälfte des Parketts nur
einen eingeschränkten Einblick in die Bühne hat, dann ist das eher fragwürdig.
Und akustisch ist eine solche Anordnung eine ziemliche Katastrophe. Das hat man
im ersten Akt gemerkt, als der riesige Chor kaum zu hören war. Als dann im
zweiten Akt das Dach schräg gestellt war, konnte man plötzlich gut hören. Was
uns das Bühnenbild (Giles Cadle) eigentlich sagen sollte, sei einmal
dahingestellt. Eine Lagerhalle aus Wellblech? Manchmal wurde eine tapezierte
Wand heruntergelassen, die im vierten Akt mit vielen Porträts behängt war.
Wobei auch diese nicht so richtig gepasst haben, denn während der Graf von
Nevers von seinen Offiziersahnen singt, sieht man in Berlin vor allem
Kaufleute. Immer wieder werden große Pferdestatuen hereingefahren, auf die dann
Raoul, Valentine und Königin Marguerite dekorativ gesetzt werden – man spielt Reiterstandbild
Während das Bühnenbild also eine schlichte Lagerhalle ist, tummelt sich darin
eine üppig gekleidete Highsociety – oder was man uns eben als solche vorführt.
Die Kostüme zum Teil 19. Jahrhundert (Offiziere und Herren im Frack), zum Teil
20. Jahrhundert (die Ballgarderobe der Damen) und sogar noch ein paar
Renaissancekostüme. Immerhin waren die Hugenotten in ihren schlichten schwarzen
Kleidern gut zu erkennen. Die katholischen Damen kontrastieren dazu in
Ballroben. Allerdings wären diese nicht schulterfrei in die Kirche gegangen.
Schulterfrei ist Ball, Hochgeschlossen ist Kirche. Die Kostüme von Constance
Hoffmann also das derzeit so beliebte Sammelsurium. Aber das sah zumindest
dekorativ aus.
Was uns Regisseur David Alden eigentlich mitteilen möchte, erschließt sich
nicht so ganz. Da hilft auch das dekorativ herumhüpfende Ballett nicht. Man
sieht viele Klischees über Katholiken, eigentlich werden ununterbrochen
Klischees ausgebreitet. Gewaltbesessene Priester und bigotte Nonnen auf der
Bühne lächerlich zu machen, das hat man nun oft genug gesehen. Warum im dritten
Akt Hugenotten und Katholiken in einer Kirche zusammen sitzen, vermittelt sich
auch nicht so ganz. Dient das nur dazu, daß dann ein paar Statisten
kontrastierend für Bewegung sorgen und dann blutige Handschuhe emporrecken? Da
halfen auch die vielen Albernheit nicht, die sich Alden für eine Operette
aufheben hätte sollen. So richtig überzeugte das nicht.
Musikalisch war das passabel. Michele Mariotti leitete das Orchester der
Deutschen Oper flott. Als Stars hatte man sich Patrizia Ciofi (nunja!) als
Marguerite de Valois und Juan Diego Florez als Raoul geholt. Florez hat das
natürlich schön gesungen, blieb aber recht blaß. Es sei aber auch noch auf Ante
Jerkunica als hervorragender Marcel hingewiesen, der wesentlich größere Präsenz
hatte.
Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: 20. November 2016
(Premiere 13. November 2016)
Deutsche Oper Berlin
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