Der Zarewitsch – Theater Trier – 2001

Der Zarewitsch 

Neuinszenierung von Thomas Michael Günther in Trier

Zu den Operetten Franz Lehárs, in denen das Liebespaar am Ende durch äußere Umstände getrennt wird, gehört auch der 1927 in Berlin uraufgeführte »Zarewitsch«. Überhaupt ist der Zarewitsch über weite Strecken gar nicht so komisch, wie man es von einer Operette vielleicht erwarten würde, sondern oft eher schwermütig. Die Stimmung charakterisiert das bekannte und immer wiederkehrende Motiv »Es steht ein Soldat am Wolgastrand« treffend. Nur das Buffopaar Iwan und Mascha mit seinen witzigen Eifersuchtszenen, gibt der Operette eine komische Note.

In der Neuinszenierung am Trierer Theater, die am 5. November Premiere hatte, verstärkte Regisseur Thomas Michael Günther mit einer eigenen Textfassung diesen Gegensatz sogar noch. Aus dem üblicherweise nicht näher bestimmten Rußland zu Ende des 19. Jahrhunderts konkretisiert Günther den Zarewitsch auf den späteren Zaren Nikolaus II. In Günthers Inszenierung erlebt der letzte Zar die Handlung als Rückblick, das Kennenlernen der Tänzerin Sonja (Vera Wenkert), die Intrigen des Hofes, ihre Liebe, die Flucht nach Italien, das Besinnen auf die Pflicht, die Nachfolge des verstorbenen Vaters anzutreten und den Verzicht auf die Liebe. Konsequent spinnt der Regisseur die Geschichte in der Schlußszene fort, letztlich wird auch der Verzicht auf die Liebe zu Sonja für den Zarewitsch (Gor Arsenian) völlig sinnlos sein, seine Herrschaft als Zar wird mit Krieg und Revolution beendet, er selbst in freier historischer Adaption von Revolutionären auf der Bühne erschossen. Der brechende Blick des Zarewitsch gilt der im Hintergrund der Bühne hinter einem Vorhang sichtbaren Sonja.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: Premiere 5. November 2001
Theater Trier

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