Der fliegende Holländer – Staatstheater Mainz – 2016

Etagenwohnhaus 

„Der fliegende Holländer“ am Staatstheater Mainz 

Etienne Pluss’ Bühnenbild für „Der fliegende Holländer“ am Staatstheater Mainz mit dem mehrgeschossigen Haus sah ja auf den ersten Blick sehr interessant aus. Ein schlüssiges Regiekonzept erschloss sich daraus aber nicht unbedingt. Dann gab es da zur Ouvertüre noch ein Bildzitat aus der Barockzeit: Berninis Figurengruppe  Die Verzückung der heiligen Teresa“ in der Kirche Santa Maria della Vittoria in Rom wurde nachgestellt. Der Liebespfeil geistert dann als Requisit durch die ganze Oper, bis Senta ihn am Ende dann in ein riesiges Herz stößt und sich dann sterbend darauf drapiert wie die wunderbare Figur der heiligen Cecilia in der gleichnamigen Kirche in Rom. Ob diese Zitate für das Mainzer Publikum verständlich waren? Den bereisten Menschen freut das. Aber was hat das mit Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ zu tun? Schiffe verweigert Regisseur Anselm Dalferth dem Publikum in Mainz komplett.

Nett mag noch sein, wie sich die Seeleute im ersten Akt gemütlich einrichten und das mehrgeschossige Bühnenbild mit Fotovorhängen schmücken, die ihnen der Steuermann verkauft hat. Der Holländer taucht eben irgendwann im mehrgeschossigen Haus auf. In der Spinnstubenszene wirf der Frauenchor bergeweise Wäsche von oben nach unten. Und im dritten Akt gibt es statt eines Fests mit Besäufnis und Tanz eine Art Messe um einen Berg Goldbarren, wozu sich Steuermann und Chor in stilisierte Messgewänder werfen und eine etwas alberne Choreographie vollführen. Der Steuermann wird dann noch mit Damian Hirsts Diamantenschädel dekoriert. Ach ja, die Dramaturgin hat ja in der Einführung erwähnt, das Wagner kapitalismuskritsch gewesen sei, das habe ich beim Flanieren durch die Etagen so nebenbei aufgeschnappt. Das hatte man ja schon wieder vergessen. Die Inszenierung soll Wagners Kritik am Kapitalismus verdeutlichen, schließlich kaufe der Holländer ja Senta ihrem Vater ab. Dass Dalasst und seine Männer ein ziemlich geldgieriger Haufen sind, ist aber auch nicht gerade neu, das zeigt doch nun wirklich jede Holländer-Inszenierung landauf landab.

Leider konnte man sich nicht einmal musikalisch trösten.


Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 3. Oktober 2016

Staatstheater Mainz

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