Csárdásfürstin – Trier – 2006
Ferry singt Feri bácsi
Der Tenor Ferry Seidl bringt bei »Csárdásfürstin« Wiener Flair nach Trier
Ist die Rolle des Feri Ritter von Kerekes sonst eher eine
unwichtige Nebenrolle in der »Csárdásfürstin«, darf Ferry Seidl diesen Feri
Bácsi in der Neuinszenierung am Trierer Theater ausführlich gestalten. Im
ersten Akt hat eindeutig er die Fäden des Geschehens in der Hand. Viele
»ältere« Trierer freuten sich, ihn nach vielen Jahren wieder in einer
»Csárdásfürstin« auf der Bühne ihres Theaters zu sehen. Bei seiner letzten
»Csárdásfürstin« hatte Ferry Seidl allerdings die Rolle des Edwin gesungen.
Dies war überhaupt eine seiner Glanzrollen. In sechs Inszenierungen von Kálmáns
Operette wirkte er mit, darunter am Wiener Raimundtheater, damals die führende
Operettenbühne Europas, an der Seite von Marika Rökk, die seine Mutter spielte.
Zu Recht bejubelte das Trierer Publikum die Premiere der neuen
»Csárdásfürstin« am 29. Januar, für deren Inszenierung Intendant Gerhard Weber
verantwortlich zeichnet. Eine quirlige und bunte Revue zauberte er auf die
Bühne. Dazu dachte sich Ausstatter Walter Perdacher ein rot-plüschiges Ambiente
für den ersten Akt aus. In großen roten Lettern prangt der Name des
dargestellten Etablissements über der Bühne: Orpheum, ein Budapester Varieté-Theater,
in dem die bekannte Sängerin Silva Varescu den letzten Auftritt vor einer
Amerika-Tournee feiert. Vera Wenkert singt diese Rolle sicher, souverän und mit
strahlender Höhe. Ihre Silva stellt eine ernsthafte Künstlerin dar. Natürlich
liegen Silva alle Männer zu Füßen. Hauptverehrer ist Edwin. Der Tenor Thomas
Kiessling füllt den Wiener Fürstenspross voll aus. Aber es gibt da auch noch
den Fan-Club: und hier wird es sensationell. Peter Koppelmann singt sich als
Graf Boni Káncsiánu in die Herzen der Zuschauerinnen. Nicht nur seine
gesangliche Leistung ist bemerkenswert. Er tanzt und spielt mit vollem
Körpereinsatz und man merkt, dass ihm die Rolle des Lebemanns und
Herzensbrecher sichtlich Freude bereitet. Das Publikum amüsierte sich außerdem
über seinen ungarischen Akzent, der hier sogar einmal nicht peinlich wirkt.
Anführer des Silva-Fan-Clubs aber ist Feri Bácsi, ein verarmter ungarischer
Ritter und Lebemann. Ihn gestaltet Ferry Seidl als Charmeur der alten Schule,
eine Rolle, die ihm auf den Leib geschneidert ist. Trotz des
Generationsunterschieds tanzt und spielt er nicht minder agil als Peter
Koppelmann. Beide zusammen bieten himmlische Operette.
Übrigens versteht es Regisseur Weber genauso gut, die
zärtlicheren Töne des zweiten Aktes zu treffen und sie mit den burlesken Szenen
zu einer harmonischen Gesamtwirkung zu vereinen. Ein Wintergarten vermittelt
das Ambiente eines eleganten Wiener Stadtpalais. Während die High Society durch
die Säle walzt, versuchen Edwins fürstliche Eltern (mit versnobter
Hochnäsigkeit: Angelika Schmid und Nick Herbosch) erfolglos, diesen mit
Komtesse Stasi (Evelyn Czesla) zu verloben. In diese hat sich inzwischen der
vermeintlich mit Silva verheiratete Graf Boni verguckt, was zu einer der
gelungensten und quirligsten Szenen der Inszenierung führt, wenn Silva, Edwin,
Boni und Stasi einen äußerst verwickelten Walzer tanzen.
In einer Hotelhalle (in eine solche hat sich der Wintergarten
inzwischen verwandelt) treffen alle Beteiligten nochmals aufeinander. Das
Terzett bietet Ferry Seidl noch einmal Gelegenheit zu einem wirkungsvollen
Auftritt. Die Paare finden sich zum unvermeidlichen Happy End, nur unser guter
Feri Bácsi muss sich weiterhin mit den »Mädis vom Chanton« trösten.
Leider bleibt das Orchester (Musikalische Leitung Christoph
Jung) hier und da hinter den Erwartungen zurück und bremst gelegentlich den
Spielfluss. Der gut einstudierte Chor (Chorleitung Norbert Schmitz) und das
atemberaubende Ballett (Choreographie: Sven Grützmacher) runden diese
»Csárdásfürstin« trotzdem zu einem perfekten Operettenabend ab. Man kann das
Theater Trier zu einer solchen Produktion nur beglückwünschen. Unbedingt
ansehen.
Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: Premiere 29. Januar 2006
Theater Trier
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