Kálmáns Operette Csárdásfürstin – Theater Hagen – 2017

Hilda Kupfer und Feri Bácsi erkennen sich

Nur wenige überzeugende Momente in der Operette „Csárdásfürstin“ in Hagen

Was macht man an einem regnerischen Sonntagnachmittag? Man geht in die Operette. Das Theater Hagen hat „Die Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán im Programm. Das könnte eine nette Aufführung sein. Könnte!

Der berührendste Moment der Aufführung im Theater Hagen ist im dritten Akt, wenn sich die beiden „Alten“ nach ihrem Wiedererkennen zusammensetzen, nämlich die Kupfer Hilda und der Feri bácsi, die zusammen in Erinnerung an frühere Zeiten eines  der schönen Motive der Operette anstimmen. Marylin Bennett und Rainer Zaun gestalten diese Szene geradezu anrührend. Überhaupt gibt Rainer Zaun einen hervorragenden Feri bácsi. Man lacht über seinen ungarischen Akzent, staunt über die Tanznummern und freut sich an den Gesangsnummern. Er hat die Bühnenpräsenz, die man bei den Hauptrollen schmerzlich vermißt, denn Edwin und Sylva sind wie nicht vorhanden – und in den Musiknummern schlichtweg oft nicht hörbar. Und bei Veronika Haller als Sylva ist auch das, was man hört, wenig erfreulich.

Wenden wir uns lieber den erfreulichen Aspekten der Aufführung zu. Ganz reizend, wenn auch in der besuchten Vorstellung leider indisponiert, gibt Maria Klier die Komtesse Anastasia. Sie scheint auch eine gute Gabe in der Improvisation zu haben, denn die Szene mit Baron Boni im zweiten Akt ist wohl recht frei gestaltet – aber man amüsiert sich köstlich. Da wohl auch Steffen Müller-Gabriel nicht mehr so recht weiß, wie es weitergehen soll, wird er irgendwann von Stasi charmant aufgefordert: „Wie wäre es denn mit etwas Musik“. Graf Boni (Richard van Germert) muss in dieser Szene einigen Sekt über sich spritzen lassen, singt die Partie allerdings sehr gut.

Das Bühnenbild für den ersten Akt in Budapest ist von Bernhard Niechotz wie üblich als Varieté gestaltet. Man sieht die drehbare Bühne von vorn mit den Tischchen für die Gäste und von hinten als Garderobe von Sylva Varescu. Regisseur Holger Potocki geht den ersten Akt recht konventionell an. Dazu hat Alfonso Palencia eine schwungvolle Choreographie entworfen, die sich durch die ganze Operette zieht.

Im zweiten Akt tut das Bühnenbild ambitioniert. Zwei Wände deuten einen Salon an. Die an merkwürdiger Stelle angebrachten Heizkörper und die angegrauten Farben sollen wohl andeuten, dass das Palais Lippert-Weylersheim schon bessere Zeiten erlebt hat. Naja, das hat man schon besser gesehen. Die Treppe in der Mitte dient dazu, dass die Darsteller hinaufspazieren und einen Schritt weiter gleich wieder hinunter müssen. Durch eine Öffnung schaut man auf den Sternenhimmel. Um so einen Sternenhimmel so sehen zu können, müsste das Haus aber eigentlich auf einem Berg stehen.

Im dritten Akt gibt es dann eine Hotelhalle mit Bar und Sesseln zu sehen. Links steht ein riesiger Stapel Koffer, auf denen Personen sitzen Menschen. Man ahnt schon, dass da irgendein Flüchtlingsthema untergebracht werden soll, als dann auch noch feldgraue Soldaten über die Bühne spazieren. Ach ja, die „Csárdásfürstin“ wurde 1915 – im Ersten Weltkrieg – uraufgeführt. Das muss dann noch irgendwie untergebracht werden. Und irgendwann galoppieren dem Regieteam dann völlig die Pferde durch, wenn Graf Boni einen Alptraum der Zukunft hat und man in Projektion von Hitler bis Trump alle rechten Negativgestalten der neueren Geschichte vorgeführt bekommt. Das scheint doch irgendwie an den Haaren herbeigezogen.

Klaus J. Loderer


Besuchte Vorstellung: 19. Februar 2017
Theater Hagen

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