Csárdásfürstin – Festspielhaus Baden-Baden – 2005
Und immer wieder Csárdás
Gefeiertes Gastspiel des Budapester Operettentheaters mit »Csárdásfürstin« in Baden-Baden
Mit frenetischem Beifall belohnte das Publikum des
Festspielhauses in Baden-Baden das Gastspiel des Operettentheaters Budapest,
das mit seiner »Csárdásfürstin« nach Deutschland gekommen war. Trotz der
ungünstigen akustischen Gegebenheiten in dem für ein Operettenensemble gar zu
riesigen Saal ließen die Gäste aus Ungarn eine brodelnde Stimmung entstehen.
Natürlich war die Inszenierung für deutsches Publikum ungewohnt, bekommt man
eine solch opulente Bühnenausstattung (Bühnenbild: Àgnes Gyramathy) und solch
farbenfrohe Kostüme (Kostüme: Fanni Kemenes) an deutschen Stadttheatern sonst
nicht zu sehen, würde jeder Intendant hierzulande doch pikiert die Nase rümpfen
über solchen Operettenkitsch. Doch genau damit traf man in die Herzen des
Publikums.
Während der Ouverture auf den Vorhang projezierte historische
Fotos sollten auf die Entstehungszeit der Operette einstimmen. Bilder von
Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg mögen irritiert haben, trafen aber zu,
entstand die »Csárdásfürstin« doch im Jahr 1914 (Regie: Miklós Gábor Kerényi).
Mit viel gerafftem roten Stoff schuf das erste Bild eine
vielleicht gar zu plüschige Nachtlokalatmosphäre und sollte doch eigentlich ein
Theater in Budapest darstellen (übrigens genau jenes Theater, in dem heute das
Operettentheater spielt), in dem mit dem Einsetzen der Operette gerade der
Schlussapplaus der Abschiedsvorstellung der Sängerin Syla Varescu verklingt.
Leider konnte das Hauptpaar Mónika Fischl (Sylva Varescu) und Zoltán Nyári
(Fürst Edwin)stimmlich bei den Spitzentönen nicht unbedingt überzeugen. Dies
mag aber auch an der Größe des Theaters gelegen haben. Notgedrungen hatte man
die gesprochenen Dialoge über Mikrophone verstärkt, was etwas unnatürlich
wirkte, weil der Schall oft aus einer anderen Richtung kam als die sprechende
Person stand. Eine Beschallung war allerdings notwendig, sonst hätte man wohl
selbst in der ersten Reihe die Dialoge nur als Pantomime wahrgenommen. Dafür waren
die darstellerischen Leistungen von Nyári und Fischl bemerkenswert.
Besonders herausragend waren die tänzerischen Leistungen noch
mehr bei einem anderen Paar, stellte doch die Choreographie der Inszenierung
hohe Anforderungen (Choreographie: György Gesler), zumal einige Csárdásnummern
sogar noch mit Tango-Einlagen verlängert waren. Die Stimme von Mara Kékkovács
(Komtesse Stasi) mag etwas zart gewesen sein, dies machte sie in ihren
Tanznummern wett – wenn auch etwas weniger Hüpfen gereicht hätte. Dem stand
Károly Peller nicht nach, der Graf Boni Kancsianu als effektvolle Bufforolle
verkörperte. Mit Péter Marik (Fürst Lippert-Weylesheim) und Zsuzsa Kovács
(Fürstin Anthilte) waren zwei gefeierte langjährige Ensemblemitglieder mit nach
Baden-Baden gekommen.
Für das deutsche Publikum hatte man den zweiten und dritten
Akt von Wien nach Berlin verlegt, den Schluss als kleines Schmankerl ins Hotel
Adlon. Dort durfte dann die verwickelte Geschichte um eine Sängerin, die ein
Fürstensohn heiraten möchte, es aber nicht darf, weil seine adeligen Eltern dem
so lange nicht zustimmen, bis herauskommt, dass sein Vater mit der
vermeintlichen Gräfin Anthilte in Wirklichkeit die vormalige Sängerin Hilda
Kupfer geheiratet hat, mit einer doppelten Verlobung enden.
Waren bei der Uraufführung adelige Kreise höchst pikiert über
eine solche Darstellung ihresgleichen, hielt dies den Siegeszug der
»Csárdásfürstin« über alle Theaterbühnen nicht auf. Ein neuerlicher Triumph war
nun in Baden-Baden zu erleben. Daran hatte László Makláry maßgeblichen Anteil,
der das Orchester des Budapester Operettentheaters mit solchem Schwung
dirigierte, wie man hierzulande schon lange keine Operette mehr gehört hat.
Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: 29. Oktober 2005
Festspielhaus Baden-Baden
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