Mozarts Oper Così fan tutte – Oper Bonn – 2017
Im Rokokohotelzimmer
Dieter Richter entwirft Bühnenbild für Mozarts „Così fan tutte“ in Bonn
Bei Produktionen unter Beteiligung des Bühnenbildners Dieter
Richter darf man ein interessante Bühnenbild erwarten. An der Oper Bonn wird
man in Mozarts „Cosi fan tutte“ nicht enttäuscht. Schon beim Betreten des Zuschauerraums
kann man das Bühnenbild bewundern, ein weit in die Tiefe reichendes
Rokoko-Zimmer. Möblierung: ein Tisch mit Stühlen, rechts ein großes Bett mit
Bidet (wie man später erkennt), ein Sofa, ein Schrank – wie ein Hotelzimmer in
Venedig. Links führt eine Tür ab, hinten geht eine Tür in einen Korridor, in
den man durch ein ovales Fensterchen auch sehen kann. Hinten rechts zwei
Fenstertüren. Wandvertäfelungen und allerhand Rokokogeschnörkel deuten das 18.
Jahrhundert an. Den Orchestergraben überbrückt ein Steg, der heutigen
Sicherheitshysterie entsprechend mit einem sehr stabil aussehenden Geländer
versehen.
Regisseur Dietrich W. Hilsdorf entspinnt in einem schönen
Kammerspiel die Intrige, um die es in „Così fan tutte“ geht. Don Alfonso möchte
seinen Freunden Gugliemo und Ferrando beweisen, dass alle Frauen untreu sind,
auch ihre Verlobten. Dazu sollen die beiden Herren scheinbar auf einen Feldzug
berufen werden (Marsch und Chor sind in Bonn gestrichen) und dann verkleidet
zurückkommen. Im Originaltext von Lorenzo da Ponte werden sie von der Zofe
Despina dann mit Türken und Walachen verglichen, in Bonn macht man daraus
Deutsche und Engländer.
Um seine Intrige zu sehen, begibt sich Don Alfonso nach der
ersten Szene dann in den Zuschauerraum und nimmt in der ersten Reihe Platz, um
das von ihm angezettelte Spiel zu beobachten. Eine nette Idee ist die dazu
erfundene Zwischenmusik, die wie das Stimmen des Orchesters vor Beginn der Oper
klingt. Immer wieder tritt Don Alfonso aus der Oper heraus, so auch vor dem Finale
des ersten Akts, wenn er auf deutsch fragt wie es weitergehen soll und ein
kurzer Dialog mit der Zofe Despina auf deutsch erfolgt – italienisch
übertitelt. Diese hat auch sofort eine zündende Idee, wie man die beiden
spröden Damen für die fremden Herren erweichen kann, mit einem vorgetäuschten
Selbstmord. Das wirkt auch tatsächlich, wie Gugliemo und Ferrando verunsichert
feststellen. Im zweiten Akt verführen die beiden dann tatsächlich die Braut des
jeweils anderen, bis hin zu einer Scheinhochzeit. Da man den Notar im zweiten
Akt gestrichen hat, schreibt Don Alfonso den Heiratskontrakt selbst. Das Fehlen
des Notars führt allerdings zu einigen etwas holperig klingenden Strichen in
der nächsten Szene. Dafür hat man eine stumme Rolle hinzuerfunden, nämlich die
von Volker Hoeschel gespielte Putzfrau.
In den Kostümen von Renate Schmitzer kann man einen
interessanten Zeitsprung bemerken. Fiordiligi und Dorabella haben im ersten Akt
reizende Sommerkleider im Stil des späten 18. Jahrhunderts, Giugliemo und Ferrando
sind als Offiziere in Uniform, Don Alfonoso in spätbarocker Kleidung – alles
sehr stilecht. Verkleidet rücken Giugliemo und Ferrando in die Zeit nach der
französischen Revolution, was Fiordiligi und Dorabella in ihren weißen Kleidern
im zweiten Akt nachvollziehen.
Zu dieser schönen Gestaltung von Kostümen und Bühnenbild und
einer gut gelungenen Regie gehört auch das erfreuliche musikalische Erlebnis.
Stephan Zilias leitet sicher und fein das Beethoven-Orchester Bonn. Und auch
das Sängerensemble liefert durchweg eine konstant gute Leistung. Herausragend
Giorgos Kanaris als Gugliemo. Mit sicherem Sopran singt Sumi Hwang die
Fiordiligi. Ihr steht Kathrin Leidig als Dorabella nicht nach.
Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: 18. Februar 2017
Oper Bonn
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