Film Grand Hotel Budapest – 2014

Budapest liegt in den Alpen 

Ein skurriles Osteuropa wird in Grand Budapest Hotel ausgebreitet 

Mit Wes Andersons neuem Film »Grand Budapest Hotel« wurde am 6. Februar 2014 die 64. Berlinale eröffnet. Der Titel lässt natürlich hellhörig werden, wenn man sich mit Budapest befasst. Allerdings so einfach liegt die Sache nicht. Denn auch wenn man in einigen Besprechungen lesen konnte, dass der Film in Ungarn spielen solle, ist das nun so gar nicht der Fall. Man stutzt natürlich schon auf dem Plakat, auf dem das Budapester Hotel in den Alpen liegt.


Szenenfoto aus Grand Budapest Hotel: Ralph Fiennes als Concierge Gustave H.
Foto: Fox Searchlight

Tatsächlich wurde für die ziemlich skurrile Filmhandlung der Alpenstaat Zubrowka erfunden. Dieser soll in Osteuropa liegen (wo die Alpen eigentlich nicht liegen) und bekam eine entsprechende Geschichte mit mondäner Belle-Époque, Faschismus und Kommunismus. Das kennt man nun wieder aus Ungarn bis hin zur Verunstaltung alter Prunkbauten in den Sechzigerjahren. Allerdings wurde der Film auch nicht in Ungarn gedreht, wie man vom Titel vielleicht erwarten würde. Denn obwohl Budapest als Filmkulisse für Moskau, Paris, Buenos Aires und auch mal Budapest herhalten muss, scheint Regisseur Wes Anderson dort keine passende Kulisse gefunden zu haben. So wurde der Film in Görlitz gedreht. Und so dienen denn das Jugendstilkaufhaus und die Stadthalle als markante Kulissen. Auch wer die schöne Hotelfassade in Budapest suchen würde, wäre enttäuscht, die entstand nämlich in den Filmstudios in Babelsberg.

Im Film geht es um den Hoteldirektor Moustafa (F. Murray Abraham), der erzählt, wie er es vom Lobbyboy (als junger Moustafa: Tony Revolori) schließlich zum Hotelchef gebracht hat. Im Mittelpunkt des Films steht aber der Concierge Gustave M., der den weiblichen Gästen des Hotels besonders zu Diensten ist. Zu den Gästen des Hotels gehört auch 84-jährige Madame D., verwitwete Herzogin Céline Villeneuve Desgoffe und Taxis (Tilda Swinton), die unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt. Ihr Neffe, der düstere Dimitri, ist natürlich nicht davon begeistert, dass sie ihren Liebhaber, nämlich Monsieur Gustave als Erben eingesetzt hat.

Schon an den Namen der Rollen kann man das Capriccio erkennen, mit dem Wes Anderson ein altertümliches und ziemlich eklektisches Osteuropa zeichnet. Nicht von ungefähr soll der Film in seiner ungewohnten Farbgebung und seiner Slapstickhaftigkeit an alte Filme erinnern. Und eigentlich ist alles in diesem Film ziemlich skurril. Bis hin zu dem Törtchen »Kurtisane au chocolat«. Und natürlich wird auch der Polizeikommandant von Lutz (ein Polizist im Pelzmantel!) gehörig überzeichnet dargestellt. Dass das Gefängnis Check point 19 heißt und von einem Graben mit Krokodilen umgeben ist (in den Alpen!), passt dazu. Dass alles irgendwie nicht zusammenpasst und alles irgendwie aberwitzig zusammengesetzt ist, tut dem Film aber keinen Abbruch, er ist eben eine kulturgeschichtliche Melange. Und dann gibt es da auch noch einen Geheimbund der Concierges, die Gesellschaft der gekreuzten Schlüssel (da denkt man doch eigentlich an den Vatikan).

Bei dieser Handlung würde man erwarten, dass daraus nur ein Filmchen mit kleinem Budget hätte entstehen könnte. Man staunt doch sehr über dir prominente Besetzung. Immerhin spielt neben Ralph Fiennes mit Jude Law, Jeff Goldblum, Bill Murray, Harvey Keitel, Tilda Swinton und F. Murray Abraham eine ganze Reihe bekannter Schauspieler mit.

Wer sich übrigens einbildet, dass das Filmformat im Laufe des Films sich verändert, liegt richtig, damit wollte man an die zeittypischen Kinoformate anknüpfen. Altertümlich wie sich der Film gibt, ist auch die Werbekampagne mit den ungewöhnlichen Plakaten mit dem Hotel vor Bergkulisse und den Darstellerportraits, die am Schlüsselbrett hängen.

Klaus J. Loderer

2014

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