Buchbesprechung: Martin Laiblin: Theater.Bau.Effekte! Der Architekt Max Littmann und München zur Prinzregentenzeit
Das Prinzregententheater – ein Theater für Wagner-Festspiele in München
– Neues Buch von Martin Laiblin über Max Littmann und seine Bauten in München –
von Klaus J. Loderer
Max Littmann ist als Architekt zahlreicher Theatergebäude bekannt. Neben dem Stadttheater Hildesheim, dem Theater in Bad Kissingen, dem Theater in Neustrelitz und dem Großen Haus der königlichen Hoftheater Stuttgart, um nur einige Beispiele zu nennen, ist es vor allem das Prinzregententheater in München, für das sein Name steht. Das schöne Buch von Martin Laiblin, das anlässlich einer Ausstellung im Deutschen Theatermuseum München erschien, stellt die Bauten Littmanns in München vor. Einen Schwerpunkt des Bands bilden die Theatergebäude, denn allein in München plante Littmann drei: das Prinzregententheater, das Schauspielhaus und das Künstlertheater. Doch es werden noch weitere Bauten anderer Gattungen vorgestellt. Denn von Littmann stammt eines der bekanntesten Gebäude Münchens überhaupt, Hauptanziehungspunkt der Touristenscharen – das Hofbräuhaus. Es erstaunt im Werks Littmann einfach, wie breit der Querschnitt von auf den ersten Blick konservativ historistischen Bauten bis hin zu den Theaterbauten für die moderne Theaterreform ist.
Das Hofbräuhaus mag mit seinen Giebeln, Versprüngen, Bögen
und dem Erker altertümlich aussehen. Es ersetzte aber erst im späten 19.
Jahrhundert den viel schlichteren Vorgängerbau. Seine mittelalterliche Wirkung
ist schlichtweg eine Erfindung Littmanns. Durch die Verlagerung der Brauerei
nach Haidhausen wurde 1896 Platz geschaffen für einen neuen Saalbau und den
Biergarten. 1897 wurde der Neubau eröffnet, der bewusst eine
Stimmungsarchitektur für Alt-München schuf, wie Martin Laiblin detailliert
herausarbeitet. Er vergleicht das neue Hofbräuhaus und besonders den
unregelmäßig mittelalterlich anmutenden Innenhof mit Bühnenbildern etwa zu
Lohengrin. Laiblin zeigt, wie Littmann den gesamten Bereich des Platzl, denn
auch das Orlandohaus und die Corpshäuser entwarf Littmann, theatralisch
gestaltete. Der Buchtitel Theater.Bau.Effekte kommt nicht von ungefähr. Laiblin
zeigt immer wieder die theatralische Wirkung der Bauten Littmanns auf.
Vergleichbar ist auch ein Geschäftshaus nahe der
Frauenkirche, der Domhof, hier erläutert Laiblin die einerseits moderne
Eisenbetonkonstruktion und anderseits die bewusst vielgliedrige Fassade, die
den Eindruck erweckt, „als wäre der Komplex über Generationen hinweg lediglich
um neue Baukörper erweitert worden“. Die bewusste Aufteilung großer Baukörper
hin zu einer kleinteiligen Wirkung ist ein Markenzeichen Littmanns. Er wählte
diese Methode (auf Wunsch der Stadt München) für die Kaufhäuser Hertie und
Oberpollinger – also noch zwei berühmte Bauten Münchens. Hier ist Laiblin nun
bei einer weiteren wichtigen Bauaufgabe Littmanns, nämlich das Warenhaus,
dessen Geschichte er kurz vorstellt. Hertie (heute Karstadt) fällt durch den
runden Eckturm und die Giebel auf. Drei Giebel bilden auch die markante Fassade
von Oberpollinger, hinter dem übrigens ein hanseatisches Unternehmen steckte,
worauf sich die Schiffsskulpturen auf den Spitzen der Giebel beziehen.
Überraschenderweise befanden sich im Zentrum der beiden Kaufhäuser große
Lichthöfe mit repräsentativen Treppen. Laiblin illustriert uns diese Bauten mit
zahlreichen historischen Fotos und Postkarten.
Für die Theaterbauten Littmanns in München arbeitet Laiblin
die Besonderheiten in Bezug auf die Theaterbaureform der Zeit um 1900 hervor.
Für das Prinzregententheater ist natürlich der Bezug auf das Festspielhaus in
Bayreuth wichtig. Laiblin geht aber auch auf die Projekte von Ludwig II.,
Wagner und Semper für München ein als Basis eines Münchner Festspielhauses,
dessen Verwirklichung dann schließlich dem Hoftheaterintendanten Ernst von
Possart gelingt. Aber das Prinzregententheater ist eben keine reine Kopie des
Wagner-Festspielhauses, auch wenn beider Zuschauerraum auf den ersten Blick in
den Grundrissen eine starke Ähnlichkeit hat. Ganz unterschiedlich ist etwa die
Gestaltung der Seitenwände und des Bühnenrahmens. Das Prinzregententheater ist
mit seinen Umgängen, Treppen und Vorhallen auch großzügiger angelegt und ein
massiver Steinbau.
Viel zierlicher ist das gleichzeitig entstandene
Schauspielhaus, die heutigen Kammerspiele, ein intimes Theater mit Parkett und
Rang, dessen Innengestaltung von dem Jugendstilkünstler Richard Riemerschmid
übernommen wurde. Er war der jüngere Bruder der Eigentümer der Mietshäuser an
der Maximilianstraße.
Leider nicht mehr erhalten ist das im Rahmen der Ausstellung
„München 1908“ entstandene Künstlertheater im Ausstellungsbereich hinter der
Bavaria. Sein Zuschauerraum war eine weitere Fortentwicklung des
Prinzregententheaters für Reformaufführungen des modernen Theaters.
Das Buch fasst die Werke Littmans in München anschaulich
zusammen und informiert gut lesbar über den Architekten, sein Leben und sein
Entwürfe. Neben Zeichnung des Architekten finden sich zahlreiche alte
Postkarten und Fotos. Außerdem hat Laiblin den Band auch mit viel
Zusatzmaterial illustriert, alten Anzeigen der Kaufhäuser, Porträts der
beteiligten Akteure, und ein schöne Sammlung der Fotos, die das Kaufhaus
Oberpollinger in seinem Atelier fertigte – mit den unterschiedlichen
Kostümierungen und Hintergrundmotiven auch ein schönes Beispiel von Theatereffekten.
Martin Laiblin:
Theater.Bau.Effekte!
Der Architekt Max Littmann und München zur Prinzregentenzeit
Seemann Henschel Verlag Leipzig 2016
ISBN 978-3-89487-787-3
143 S., zahlr. Ill.
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