Buchbesprechung: Hitler.Macht.Oper
Aufsätze zur Geschichte der Oper Nürnberg im Dritten Reich
Symposiumsbericht „Hitler.Macht.Oper“ untersucht Hitlers Verhältnis zur Oper
Wenn man das Nürnberger Opernhaus das erste Mal betritt, ist man erstaunt über die schlichte Einrichtung, viel schlichter, als die bombastische Sandsteinfassade erwarten lässt. Und es sind in diesem Fall weniger Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg oder ein Umbau der Nachkriegszeit als eine Neugestaltung des Inneren zu Anfang des Dritten Reichs. Im Zuge der Reichsparteitage sollten Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ aufgeführt werden und dazu wünschte Reichskanzler Adolf Hitler eine Umgestaltung des Opernhauses.
Dass die Neugestaltung durch Paul Schultze-Naumburg Hitler dann gar nicht gefiel, ist eine andere Sache. Die Wandbespannung im neu geschaffenen Salon vor der Führerloge bekrittelte Hitler abfällig als „Matratzenstoff“. Man findet dieses nette Detail im Aufsatz von Sebastian Werr „Hitler als Theaterbaumeister“. Tatsächlich war Hitler sehr an Theaterbauten interessiert, wie Werr herausarbeitet, selbst mitten im Zweiten Weltkrieg hätte er gerne das zerstörte Nationaltheater in München wiederaufgebaut, wie er es bei der Staatsoper Unter den Linden in Berlin veranlasst hatte. Schon in Wien scheint er sich intensiv mit Theaterarchitektur auseinandergesetzt zu haben. Es soll sogar einen eigenhändigen Entwurf für einen Neubau des Landestheaters Linz aus der Zeit um 1910 gegeben haben.
Die Abhandlung von Sebastian Werr und weitere Aufsätze zum Thema Hitler und die Oper sind in einem kleinen, vom Staatstheater Nürnberg herausgegebenen Band zusammengefasst, dessen Titel „Hitler.Macht.Oper“ in einem netten Wortspiel die besondere Beziehung zwischen Hitler und der Oper erörtern. Wolfram Pyta geht Hitlers Näherung zum Musiktheater detailliert nach und räumt mit einigen Vorurteilen auf. Gerwin Strobl stellt Hitler, Wagner und die nationale Sinnsuche in ein Verhältnis. Manuela Jahrmärker analysiert die Bühnenbilder Benno von Arents, die dieser für die Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ für das umgebaute Nürnberger Opernhaus schuf. Dominik Frank widmet sich den Nürnberger Festspielen 1937/1938.
Der interessante kleine Band „Hitler.Macht.Oper“ fasst die Vorträge eines Symposiums zusammen, das im Juni 2017 stattfand und erste Ergebnisse eines unter der Federführung des Lehrstuhlinhabers für Theaterwissenschaften, Anno Mungen, stehenden Projekts des Forschungsinstituts für Musiktheater der Universität Bayreuth zu „Inszenierung von Macht und Unterhaltung – Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920-1950“ zusammenfasste und die Basis bildet für eine 2018 geplante Ausstellung.
Klaus J. Loderer
Symposiumsbericht zum Forschungsprojekt „Inszenierung von Macht und Unterhaltung – Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920-1950“ 2. bis 4. Juni 2017 im Staatstheater Nürnberg
Hrsg.: Stiftung Staatstheater Nürnberg
Konzeption und Leitung: Anno Mungen, Johann Casimir Eule
Nürnberg 2017
(Musiktheater im Dialog; 6)
78 S. zahlr. Ill.
Bezug: Staatstheater Nürnberg
www.staatstheater-nuernberg.de
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