Operette von Paul Abraham: Ball im Savoy – Theater Hagen – 2015
Was geschah im Séparée?
Paul Abrahams Operette »Ball im Savoy« am Theater Hagen
Wer kennt nicht »Es ist so schön am Abend bummeln zu
gehen«. Es ist der bekannteste Hit aus Paul Abrahams Operette »Ball im Savoy«.
Das Bummel-Lied ist immer noch berühmt, die Operette aber ist fast in
Vergessenheit geraten und das obwohl andere Werke Abrahams immer noch fest in
den Spielplänen der Theater verankert sind. Das Theater in Hagen hat sich nun
daran gemacht, dieses schöne und spritzige Werk wieder zu beleben (Premiere am
29. November 2014).
Bei der Uraufführung am 23. Dezember 1932 im
Großen Schauspielhaus in Berlin konnte der in Apatin geborene Paul Abraham an
seine vorigen Erfolge anschließen. Wieder stammte das Libretto von Alfred
Grünwald und Fritz Löhner-Beda, die auch schon den Text zu »Viktoria und ihr
Husar« und »Blume von Hawaii« für Abraham verfasst hatten. Die Hauptdarsteller
waren Gitta Alpar, Rosy Barsony und Oskar Denes, wodurch die Operette eine
ziemlich ungarische Geschichte war. Obwohl die Uraufführung ein großer Erfolg
war und sich eine Serie von Aufführungen anschloss, kam diesem Werk die
deutsche Geschichte in die Quere. Die jüdische Biographie der meisten
Beteiligten war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. So verschwand das
Werk 1933 schnell vom Spielplan. Immerhin waren noch im Januar 1933 die meisten
Musiknummern auf Schallplatte erschienen. Mit der Verfilmung von 1955 erlebte
»Ball im Savoy« eine gewisse Renaissance auch an den Theatern. In den letzten
Jahren wurde es aber sehr still um das Werk.
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Marilyn Bennett und Johannes Wollrab auf dem Weg ins Separée in »Ball im Savoy«
Foto: Klaus Lefebvre
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In Hagen hat man nun bewiesen, dass man mit
»Ball im Savoy« durchaus einen witzigen und spritzigen Operettenabend machen
kann. Die Handlung ist eine Geschichte, wie sie seit der »Fledermaus« tradiert
ist: Mann geht zum Ball und charmiert mit anderen Frauen, Ehefrau geht auch hin
und wird von Ehemann nicht erkannt, Geschichte fliegt auf und wird juristisch
aufgearbeitet. In »Ball im Savoy« ist die Sache insofern pikant, als die Frau
nicht wie in der »Fledermaus« unerkannt den eigenen Ehemann verführt, sondern
sich einen jugendlichen Liebhaber sucht, lustigerweise den Rechtsanwalt, der im
dritten Akt die Scheidung einleiten soll. Eigentlich dreht sich die Geschichte
ja um das glücklich- und jungvermähltes Paar Aristide und Madeleine, das wir in
der ersten Szene in Venedig in den Flitterwochen erleben. Daheim in Nizza wird
Aristide dann von einer Verflossenen zum Ball bestellt. Als Ausrede denkt sich
sein Freund, der türkische Botschaftsattaché Mustapha Bei, aus, dass man den
Komponisten Pasodoble treffen möchte. Dummerweise ist Pasodoble aber gar kein
Mann sondern das Pseudonym von Daisy Darlington, mit der wiederum Aristides
Ehefrau Madeleine befreundet ist. Am Ende versöhnen sich Aristide und Madeleine
wieder und Mustapha macht Daisy zu seiner siebten Ehefrau.
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»Ball im Savoy«: Veronika Haller und der Chor des Theaters Hagen
Foto: Klaus Lefebvre
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Mit der Verlegung der Geschichte nach Nizza
hatten die Autoren natürlich viele Möglichkeiten für Frivolitäten (wir erinnern
uns an die »Ehe nach Pariser Art« aus Lehárs »Lustiger Witwe«. Man fühlt sich
trotzdem an Berlin erinnert und stellt sich einen Ballsaal in einem der großen
Berliner Hotels vor, in dem eine moderne Kapelle zum Ball spielt. Jazz-Motive
hat Abraham auch immer wieder in seine Musik eingebaut. Er changierte geschickt
zwischen Wiener Walzern und modernen Tänzen. Und er schreckte auch nicht davor
zurück, immer mal wieder Motive ungarischer Musik einzubauen.
Die Assoziation der Berliner Zwanzigerjahre hat
auch Regisseur Roland Hüve für die Produktion am Theater Hagen inspiriert. Da
wähnt man die Kostüme einem Otto-Dix-Gemälde entstiegen. Mit beweglichen Elementen
mit viel Glamour und Glitter ist die Bühne von Siegfried E. Mayer schnell von
der Villa in den Ballsaal zu verwandeln und aus den Bars werden geschwind
Séparées. Andrea Danae Kingston hat schöne Choreographien für die Tanznummern
erarbeitet. Das Ballett darf sich schon in der ersten Szene als Gondolieri
vorstellen und trägt in der Ballszene zu den schönen Gesamtensembles bei. Große
Show gehört schließlich zur Operette.
Die Personenaufteilung folgt dem klassischen
Schema: das Hauptliebespaar und das Buffopaar bilden den Kern. Das Zentrum
bildet natürlich die Sopranpartie der Madeleine. Veronika Haller mausert sich
dabei vom Mädchensopran im ersten Akt zum Selbstbewusste-Frau-Sopran im dritten
Akt. Ihr zugeordnet ist Ehemann Aristide als Baritonpartie. Johannes Wollrab
gibt den eigentlich glücklich verheirateten Lebemann. Herausragend war
Mezzosopran Kristine Larissa Funhauser als emanzipierte Amerikanerin Daisy. Sie
kann Operndiva wie Chansonette und wirbelte quirlig über die Bühne. Etwas blass
blieb Tenor Bernhard Hirtreiter als Mustapha Be. Dafür erlebte man Marilyn
Bennett als argentinische Verführerin Tangolita heißblütig und mit Vamp-Timbre
– ein Erlebnis. Die Sprechrolle Célestin wurde von Schauspieler Johannes
Rosenzweig als schüchterner Jungadvokat gestaltet, der doch im richtigen Moment
ein Mann von Welt ist. Mit trockenem Humor gab Tenor Richard van Gemert den
Butler Archibald und den Oberkellner Pomerol.
Dirigent David Marlow führt das Philharmonische
Orchester Hagen mit feinem Schwung durch die Operette. Unverständlich bleibt
allerdings, warum man an einem doch eher kleinen Theater die Solisten
elektronisch verstärkt hat. Das Ergebnis war akustisch eher unausgewogen.
Mit bescheidenen Mitteln hat das Theater Hagen
eine großartige Operette auf die Bühne gezaubert. Das Publikum amüsierte sich
jedenfalls köstlich.
Klaus J. Loderer
Theater Hagen


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