Ausstellung Wer ist der Gral – Bayreuth – 2008

Ausstellung »Wer ist der Gral?« in Bayreuth

Nach der viel beachteten Ausstellung über Bühnenbilder zum »Ring des Nibelungen« bei den Bayreuther Festspielen hat das Richard-Wagner-Museum nun eine Ausstellung über den Gralsmythos erarbeitet, die während der Festspielzeit im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth zu sehen war. Der Weg zur Ausstellung führte gewissermaßen in das Mysterium des abgedunkelten Bühnenraums, denn dort war die Ausstellung in einer eigenen Rauminstallation aufgebaut. Auch in der Ausstellung erschloss der Weg labyrinthisch verschlungen immer wieder neue Räume, verengte sich und weitete sich wieder auf.

Ausgangspunkt bildete der Gralskelch. Da der Ort der Ausstellung Bayreuth war und der aktuelle Hintergrund die Neuinszenierung des »Parsifal« im Festspielhaus bildete, konnte dies natürlich nur Gralskelch aus Wagners Bühnenweihfestspiel sein. Schließlich sehen ja Gral und die legendäre Gralsburg im Zentrum der Handlung des Wagnerschen »Parsifal«. Zu sehen war eine Nachbildung des Gralskelchs der Parsifal-Uraufführung. Etwas später in der Ausstellung waren dann die Originale der Entwurfsskizzen der Requisiten der Uraufführung zu sehen.

In der ersten Abteilung ging es dann hauptsächlich um die Entstehung des Gralsmythos im Mittelalter, um den Hintergrund in der Passionsgeschiche, König Artus und die Ritter der Tafelrunde und Wolfram von Eschenbachs »Parzival«, auf den sich schließlich auch Wagner bezog. Für die mittelalterliche Überlieferung wurde ein Nachdruck des »Codex Manesse« herangezogen. Ein großformatig reproduzierter und im dunklen Raum effektvoll hinterleuchteter Wandteppich von Edward Burne-Jones leitete über in das 19. Jahrhunderte. Hier durfte natürlich König Ludwigs »Gralsburg« Neuschwanstein nicht fehlen. Für die Doppeldeutigkeit von Wartburg und Gralsburg in Neuschwanstein gibt es übrigens auch in den Legenden ein verbindendes Element: in der Elisabethlegende ist es der ungarische Zauberer Klingsor, der die Geburt der Elisabeth ankündigt, bei Wagner taucht dieser Klingsor nun in Parsifal als Gegenpart zu den Gralsrittern auf.

Einen Schwerpunkt der Gralsrezeption des 19. Jahrhunderts bilden in der Ausstellung die Entwürfe für die Uraufführung des Parsifal. Überaus sehenswert waren der Originalentwurf von Paul von Joukowsky für den »Gralstempel« und das Bühnenmodell. Gerne hätte man einen Überblick zur Bühnenbildentwicklung des Parsifal in Bayreuth gesehen. Tröstlich war immerhin der Vergleich mit der Parsifal-Aufführung in München 1914.

Dem Gralstempel in der bildenden Kunst waren einige Beispiele gewidmet. Sie leiteten über zur Restaurierung der westfälischen Wewelsburg im Dritten Reich, als SS-Führer Himmler deren Bergfried zu einem Gralstempel umgestalten ließ. Und wieder ging es um Kelche. Dass Sportpokale an den Gralskelch bzw. an Abendmalskelche erinnern, ist eine durchaus berechtigte Assoziation: Sport als Massenreligion der Neuzeit. Und immerhin gibt es auch eine auffällige gegenwärtige Gralsrezeption. Ein ganzes Bücherbord konnten die Ausstellungsmacher mit moderner Belletristik zum Thema füllen. Und ein Videoregal gleich dazu, denn auch in Abenteuerfilmen ist der Gral durchaus ein gängiges Thema.

All dies waren Annäherungen über die unterschiedliche Rezeption des Gralsmythos und über unterschiedliche Deutungen über Aussehen und Wesen von Gral und Gralsburg. Eine endgültige Erklärung konnte und wollte man natürlich nicht bieten. Aber man hatte für die Besucher ein kleines Mysterium an das Ende gestellt. Konnte man die Ausstellung bisher auch ohne die »Audioguides« benutzen, war nun doch Hilfestellung notwendig, denn nur so wurde das schwarze Loch zum Brunnen und nur mit Wagners Grals-Musik wurde der Brunnen zum Gral.

Klaus J. Loderer


2008
Markgräfliches Opernhaus Bayreuth

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Vor der Oper: das historische Café Rommel in Erfurt

Buchbesprechung: Paul Abraham, der tragische König der Operette – eine Biographie von Klaus Waller