Ausstellung János Thoma – 2012
Dem flüchtigen Augenblick geschuldet
Wanderausstellung mit Werken von János Thorma (1870-1937)
Mit einer internationalen Wanderausstellung machte das
Museum in Kiskunhalas auf den Maler János Thorma aufmerksam. Im Jahr 2012
jährte sich dessen Todestag zum 75. Mal. Nun waren auch erstmals zahlreiche
Werke von ihm in Deutschland zu sehen. Stationen waren das Künstlerhaus
München, das ungarische Kulturinstitut in Stuttgart und die ungarische
Botschaft in Berlin.
Ausflügler,
Gemälde von János Thorma
Zu München hatte János Thorma eine enge Beziehung,
gab die dortige Kunstszene ihm doch mannigfaltige Anregungen. Ein Stipendium
ermöglichte Thorma den Aufenthalt in München. Er wurde 1870 in Kiskunhalas
geboren und wuchs in Jászberény und Nagybánya (Baia Mare) in Siebenbürgen auf.
Seine zeichnerische Begabung trat schon am Gymnasium hervor. 1887 wurde er
Schüler des Historienmalers Bertalan Székely an der Königlichen
Musterzeichenschule in Budapest. Székely war in den 1860er Jahren in München
und regte auch bei seinen Schülern Studienaufenthalte dort an. Thorma
ermöglichte dieser Aufenthalt 1888 ein Stipendium der Stadt Kiskunhalas, das
ihm sein Onkel István Vári Szabó, der Bürgermeister seines Geburtsorts,
vermittelte. In München fand Thorma Kontakt zum ungarischen Maler Simon
Hollósy, der im Gegensatz zur Ateliermalerei der Kunstakademie das Malen in der
Natur unterrichtete. Realisten wie Courbet und Wilhelm Leibl, der Naturalist
Bastian Lepage und die französischen Impressionisten waren die großen
Vorbilder. Allerdings war man in Kiskunhalas wenig begeistert von den modernen
Tendenzen seines Lehrers. So schrieb sich Thorma 1889 an der
königlich-bayerischen Akademie der bildenden Künste ein und wurde in die
Malklasse des aus Raab (Györ) stammenden Kunstprofessors Sándor Liezen-Mayer
aufgenommen.
Frau mit Rosen, Gemälde von János Thorma 1926
Eine weitere wichtige Station seiner Ausbildung
war 1891 Paris. Er schrieb sich an der Julian-Akademie ein, die eine moderne
Ausrichtung hatte und im Gegensatz zur Kunstakademie stand. Auch in Paris
interessierte sich Thorma für die Malerei nach der Natur. Thorma hielt
weiterhin Kontakt zu den ungarischen Kunststudenten und Malern in München und
informierte sie über die neuesten Tendenzen in Paris.
1892 wurde erstmals ein Bild von Thorma bei der
Winterausstellung in der Kunsthalle in Budapest gezeigt. Das Bild »Leidende«
fand allerdings damals wenig Beachtung. Später wurde das Bild ausgezeichnet und
1896 vom ungarischen Staat erworben. Es folgten 1893 bis 1895 weitere
Aufenthalte in Paris. Bekannt machte ihn 1896 das Bild »Die Märtyrer von Arad«.
Zusammen mit anderen Malern illustrierte er mehrere Gedichtbände. Eine längere
Studienreise führte ihn 1897 nach Deutschland, Böhmen, Holland, Frankreich und
Italien. 1899 folgte eine Reise nach Spanien.
Die junge Kunstszene verfolgte auch die Idee
einer modernen Malschule in Ungarn, die nach dem Vorbild der Hollósy-Schule in
München erfolgen sollte. 1896 erfolgte die Gründung einer Sommermalschule in
Nagybánya durch Simon Hollósy, István Réti, Károly Ferenczy, Béla Iványi
Grünwald und János Thorma. Es ist dies die Entstehung der berühmten
Künstlerkolonie. Schon bald sorgten erste Ausstellungen für Aufsehen.
Allerdings zerstritt sich Thorma 1901 mit Hollósy, worauf dieser aus der
Malschule ausschied. Die »freie Kunstschule Nagybánya« entstand. 1911 war er
Gründungsmitglied der Gesellschaft der Maler von Nagybánya, deren Präsident er
1917 wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg eröffnete Thorma die Freie Kunstschule
wieder, allerdings lag Nagybánya mit dem Vertrag von Trianon in Rumänien.
Thorma führte die Schule weiter. Neben Ausstellungen in Budapest kam nun auch
Bukarest als Bezugsort hinzu. 1926 unternahm er mit István Réti eine Reise nach
Italien. 1927 legte Thorma aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz der
Künstlerkolonie nieder. Am 5. Dezember 1937 starb János Thorma.
Die Ausstellungsreihe trug
sicherlich dazu bei, den Namen János Thorma weiter bekannt zu machen. Zu sehen
waren hauptsächlich Werke aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Darunter
waren mehrere Frauenporträts, bei denen die leuchtende Kraft der Kleider vor dem
grünen Landschaftshintergrund auffällt. Überhaupt sind die von Thorma
verwandten leuchtenden Farben bemerkenswert. Besonders ist hier das Bild
»Mädchen mit rotem Kleid« von 1927 zu nennen, bei dem ein rothaariges Mädchen
mit leuchtend rotem Kleid zwischen gelb blühenden Ginsterbüschen zu sehen ist.
Den Hintergrund bilden leuchtende Grüntöne, die eine Hügellandschaft andeuten
und ein blauer Himmel mit weißen Wolken. Der Dreiklang der Grundfarben gelb,
rot und grün fällt ebenso auf wie der warm-kalt-Kontrast zwischen feuerrotem
Haar und türkisen Hügeln. Der lockere und grobe Pinselstrich vieler Bilder ist
der schnellen Malweise im Freien geschuldet. Die Bilder sind Impressionen des
kurzen Moments. Diese Momentaufnahme des flüchtigen Augenblicks zeigt das Bild
»Frau mit Hut und rotem Kleid« von 1928: mit beiden Händen hält die Frau ihren
Hut fest, das rote Sommerkleid flattert im Wind. Wieder ist es ein
warm-kalt-Kontrast, der das Bild dominiert: die untere Hälfte, die Erde und das
Kleid, in warmen Rot- und Orangetönen; die Hügel im Hintergrund und der Himmel
grün-türkis-kühl. Auch bei der »Apfelpflückerin« sind es leuchtend rotorange
Äpfel – eigentlich nur angedeutete Farbflecken – vor türkisem Himmel. Eine
eigene Gruppe bilden die Badenden und Frauenakte, die um 1930 entstanden. Die
Kompositionen sind konstruierter, der Pinselstrich feiner, die Darstellung
detaillierter. Klassische Einflüsse lassen sich erkennen. Einsprengsel des
Jugendstils kann man bei dem 1912 entstandenen Bild »Segnung des österlichen Brots«
bemerken.
Klaus J.
Loderer
2012
Ungarisches Kulturinstitut Stuttgart
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