Ariadne auf Naxos – Staatstheater Wiesbaden – 2013
Ein Wohlklang, der absolut verzaubert
Generalmusikdirektor Zsolt Hamar dirigiert »Ariadne auf Naxos« am Staatstheater Wiesbaden
von Matthias Woehl
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Tatjana Plotnikova als Primadonna, Thomas de Vries als Musiklehrer und Michael Putsch als Tenor Foto: Martin Kaufhold |
In ihrer ursprünglichen Version war Richard
Strauss’ Oper »Ariadne auf Naxos« ein Reinfall. Nachdem die Oper aber das
vorangehende Molière-Schauspiel »Der Bürger als Edelmann« verloren hat,
erblühte sie mit einem köstlichen »Vorspiel« und ein paar Kürzungen in der Oper
zu einem großen Werk. Das Vorspiel, in dem Hugo von Hofmannsthal auf geniale
Weise die Intrigenspiele des Theaters, den Idealismus eines jungen Komponisten,
Eifersucht, Verführung und die Abhängigkeit von reichen Mäzenen karikiert, wird
von Regisseur Phillippe Arlaud, der auch für das Bühnenbild verantwortlich
zeichnet, witzig und kurzweilig inszeniert. Einzig die Sprechrolle des
Haushofmeisters ist durch die unglaublich langatmig gezogenen Sätze fast eine
Störung. Hervorragend herausgearbeitet ist die Verzweiflung des Komponisten,
dessen »großes Werk« durch eine Tanzmaskerade der Zerbinetta etwas aufgelockert
– aber nach seiner Meinung zerstört werden soll. Drumherum wirbeln Perückenmacher,
Tanzpersonal, Hausmädchen und Primadonnen. Sehr rührend dann Zerbinettas
»Verführung« des jungen Komponisten, und dessen Alptraum kurz bevor die
Aufführung dann beginnt.
Noch zu Beginn der Oper ist man am schmunzeln
über das Trio Nadja, Dryade und Echo, aber spätestens bei der Klage der Ariadne
merkt man dann, dass dem Regisseur zum ernsteren Teil des Stückes leider gar
nichts mehr eingefallen ist. Immer da wenn es um Verzweiflung, Liebe oder gar
Tod geht, findet rein gar nichts mehr statt. Einzig dass mal ein Klavier oder
ein paar Stühle in den Himmel schweben. Sobald aber Zerbinetta oder ihre
tanzenden Begleiter auftauchen, bekommt das Publikum wieder etwas zu lachen.
Nur zum Ende, wenn es musikalisch so schön ist, dass man nicht mehr anders
kann, bekommt man dann endlich mal einen Kuss zu sehen, und das Paar schreitet
zum Feuerwerk eng umschlungen ins Licht.
Musikalisch wurde man allerdings sehr verwöhnt.
Der beste Sänger des Abends war zweifelsohne Thomas de Vries als Musiklehrer.
Seinem Rollennamen entsprechend führt er den anderen vor, wie man hervorragend
und wortverständlich singt, und auch schauspielerisch ein Rollenportrait
abzuliefern hat. Merit Ostermann begann als Komponist erst vielversprechend,
scheiterte aber als Mezzosopran zunehmend an den Tücken der Partitur. Nicht
umsonst wurde schon in der Uraufführung die Rolle mit einem Sopran besetzt. Am
Ende des Vorspiels, wenn die großen Ausbrüche und »Musik ist eine heilige
Kunst« ertönen, bleibt uns Merit Ostermann fast jeden Ton schuldig. Einzig
darstellerisch lässt sie vergessen, das es sich um eine Hosenrolle handelt.
Ganz anders dann das Dreigespann zu Beginn der
Oper. Luxuriös besetzt mit Sharon Kempton (Nayade), Sarah Jones (Echo) und
Anne-Theresa Möller (Dryade) ertönt ein Wohlklang, der absolut verzaubert. Und
besonders bei Sharon Kempton kann man beobachten, wie man mit Können und
Spiellust eine kleine Rolle zu etwas ganz Großem machen kann. Als Zerbinetta
erstaunt Emma Pearson mit Koloratur und strahlender Höhe, und man bedauert
fast, das ihre zweite Arie in der neuen Version leider dem Rotstift zum Opfer
gefallen ist. Nur wurde das Protagonistenpaar Aridane und Bacchus von der Regie
so ganz allein gelassen. Man fuchtelt etwas mit den Armen herum, geht mal nach
links oder rechts, und das war es dann auch schon. Stimmlich ist Michael Putsch
endlich mal wieder ein kräftiger Tenor, der ohne mühe die höchsten Töne
produziert, und sie auch hält. Tatiana Plotnikova singt die Ariadne mit schönem
Sopran, nur das fehlende Legato lässt die Wirkung der Rolle leider etwas
verblassen. Und dabei hätte sie auf die Orchesterwogen einfach nur
aufzuspringen brauchen, und ihre Ariadne wäre eine Sensation gewesen.
Zsolt Hamar hat ein Orchester aus dem Graben
erklingen lassen, das einen vergessen ließ, wo man war. Er dirigierte mit
flottem Tempo, sängerfreundlich und kostete am Ende die Wogen der Partitur voll
aus. Lange Jahre hat man so etwas in Wiesbaden nicht mehr hören können.
Besuchte Vorstellung: 16. März 2013
(Premiere 9. März 2013)
Staatstheater Wiesbaden
Der Autor betreibt die Seite Callas&Co mit historischen Aufnahmen
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