Ariadne auf Naxos – Glyndebourne – 2017

In einem englischen Herrenhaus 

„Ariadne auf Naxos“ in Glyndebourne 

Und noch eine wunderbare Aufführung in Glyndebourne. Ich habe schon so etwa dreißig verschiedene Produktionen von „Ariadne auf Naxos“ gesehen. Da könnte man denken, man sei so etwas abgestumpft. Aber nun diese ergreifende Aufführung. Eine wunderbare Inszenierung von Katharina Thoma. Bühnenbildnerin Julia Müller schuf den Salon eines Landhauses, in dem eine Opernaufführung ansteht. Man bemerkt schnell, daß die Handlung nach England und zwar in die 1930er Jahre verlegt wurde. Aus dem Haushofmeister wurde also passenderweise ein Butler.

Man fragt sich dann schon, wie dann wohl die eigentliche Oper aussehen wird, da fliegen im Hintergrund Flugzeuge heran und bombardieren das Landhaus. Man ist im Zweiten Weltkrieg während eines deutschen Luftangriffs. Perfekt die Pyrotechnik. Es findet dann natürlich schlichtweg gar keine Opernaufführung statt. Im notdürftig zusammengeflickten Landhaus wird ein Lazarett eingerichtet, in dem die verwundeten Beteiligten gepflegt werden. Der (eigentlich im zweiten Teil nicht mehr vorkommende) Komponist träumt von der Aufführung seiner Oper. Patientin Ariadne versucht Selbstmord zu begehen und wird vom Komponisten daran gehindert. Da platzt auch schon ein Unterhaltungskommando mit Zerbinetta herein. Diese versucht so nebenbei alle Männer zu verführen. Komponist und Pianist (eine Zutat der Inszenierung, den Pianisten auf die Bühne zu setzen) fliehen entsetzt, als ihnen Zerbinetta frech an die Hose greift. Ein köstlicher Einfall ist, ihre große Koloraturarie als hysterischen Anfall zu werten. Sie wird von den Krankenschwestern (eigentlich Najade, Dryade und Echo) kurzerhand in eine Zwangsjacke verpackt. Dann taucht ein abgestürzter Pilot auf (eigentlich Bacchus), der Ariadne tröstet. Als man sich im Krankenbett zusammen vergnügt, schaut der Komponist dann doch entsetzt in die Partitur, während sich Zerbinetta amüsiert bestätigt fühlt.

Eine schöne Aufführung. Besonders Angela Brower als Komponist war herausragend. Und es war ein schönes Wiedersehen mit Thomas Allen als Musiklehrer. Auch Erin Morley war als Zerbinetta herausragend. Thomas Meister dirigierte das gut intonierte London Philharmonie Orchestra flüssig und kurzweilig.

Klaus J. Loderer


16. Juli 2017

Festival Theatre Glyndebourne

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