Opernkritik: „La Clemenza di Tito“ – Aalto-Musiktheater Essen – 2017
Aalto-Musiktheater in Essen, Architekt Alvar Aalto Foto: Klaus J. Loderer |
Im Tiefschlaf macht es Puff
Mozarts „La Clemenza di Tito“ im Aalto-Theater Essen
– von Matthias Woehl –
Alles fing ganz hoffnungsvoll an, ein Flughafen (beeindruckendes Bühnenbild von Thorsten Macht), ein ansprechendes Kostümbild, das wäre durchaus eine stimmige Inszenierung möglich gewesen. Doch leider versagt uns Regisseur Frederic Buhr eine solche, denn er macht: nichts. Seine Protagonisten stehen hilflos auf der Bühne herum, dazu wird manchmal der Chor drapiert, Handlung? Fehlanzeige. Dazu klimpert und fiedelt das Orchester des Aalto Theaters unter Tomas Netopil dermaßen „langsam“ und „gelangweilt“ herum, daß ich gleich hinfort schlummere. Gegen Ende des ersten Akts aber ein Highlight: es macht Puff auf dem Flughafen. Ein Terrorangriff? Hui, tolle Idee, ich bin kurz hellwach, Rauch, etwas Sand rieselt von der Decke, aber was passiert dazu? Jetzt wäre es möglich gewesen die Szene etwas aufregender zu gestalten. Doch, es passiert ... nichts. Wo bleiben Polizei, Feuerwehr, Notärzte? Eine Verletzte, eine Traumatisierte, der Rest steht unbeteiligt umher und singt. Pause!
Ich schütte noch einmal Espresso in mich hinein, aber
alsbald Akt 2 anfängt, das langweilig uninspirierte Dirigat fortgesetzt wird,
schlummere ich auch schon wieder weg. Für Menschen mit Schlafproblemen eignet
sich dieser Titus wirklich sehr! Von meiner Begleitung erfahre ich, daß auch in
der Zwischenzeit nicht viel passiert ist.
Gesungen wird zum Teil auf sehr hohem Niveau. Wunderschön
und mit allem was eine schöne Stimme braucht, Bettina Ranch als Sesto. Sie
besitzt einen wunderschönen Mezzosopran, für Mozart ideal, sauber geführt, mit
einem Legato (! Lange nicht gehört), unfassbar schönem Piano und einem
unglaublichen Schmelz in der Stimme. Ein Traum! Sie gestaltet ihren Sesto auch
szenisch sehr überzeugend! Szenisch ist die Vitellia von Jessica Muirheard ihr
ja ebenbürtig, man kann ihr wunderbar zusehen, aber sie bleibt uns leider
stimmlich einiges schuldig. Ihre hohen Töne scheppern unangenehm, die Tiefe ist
auch nicht gestützt, und so manch hohen Ton bleibt sie uns zur Gänze schuldig.
Diese Beiden Sängerinnen gestalten ihre Partie aber wenigstens auf der Bühne,
legen etwas eigenes in ihre Partien hinein. Anders ist das bei Dimitry Ivanchey
als Titus. Er singt hinreißend, ist aber (von der Regie im Stich gelassen)
szenisch herzlich langweilig. Genauso Baurzhan Anderzhanov (warum wohl hat die
Menschheit Künstlernamen erfunden?) als Publio. Ein gutaussehender Mann, singt
traumhaft schön, aber: Szene, spielen, was darstellen, auch nichts. Zum Annio
von Liliane de Sousa und vor allem Christina Clark als Servilla (auf die ich
mich sehr gefreut hatte) kann ich heute leider nichts sagen, denn ich habe ihre
Partien komplett verschlafen. Gut gelaunt und ausgeruht habe ich die Rückfahrt
antreten können.
Besuchte Vorstellung: 2. Juli 2017
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