Ausstellung: Faustillustrationen im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart

Feines Farbenspiel

Ausstellung „Die Farben des Faust – Bilder von Gábor Karátson“ im Liszt-Institut (Ungarisches Kulturinstitut) in Stuttgart

von Klaus J. Loderer


Dicht an dicht ziehen sich die Rahmen einer Bildreihe um den Veranstaltungsraum des Liszt-Instituts in Stuttgart. Die aktuelle Ausstellung bildet eine Brücke zwischen Deutschland und Ungarn und zeigt Illustrationen Gábor Karátsons zu Goethes „Faust“. Mit diesem Werk hat sich der ungarische Künstler und Schriftsteller ab den 1960er-Jahren intensiv beschäftigt, bis die Illustrationen 1980 erschienen sind. Wie oft in Ungarn findet sich in seiner Biographie der Bruch der Revolution von 1956, nach der Gábor Karátson (1935-2015) sein Studium abbrechen musste. Die Herkunft als Sohn eines Rechtsanwalts und Enkel eines Malers und einer aus Deutschland stammenden, literarisch interessierten Großmutter brachten ihn früh mit Literatur und Kunst zusammen.



Der Schriftsteller László Márton lobte Gábor Karátson als einen genialen Künstler. Er spürte in seiner Einführungsrede bei der Ausstellungseröffnung am 19. Januar den künstlerischen Intentionen sowohl Goethes wie Karátsons bei der Arbeit an Faust bzw. an den Illustrationen dazu nach und vertiefte sich in die Gedankenwelt des ungarischen Künstlers als Polyhistor, der autodidaktisch chinesisch gelernt habe und ein heftiger Kritiker an modernen technischen Entwicklungen gewesen sei: „Er war ein Philosoph, zwar nicht im akademischen Sinn, aber er war ein Denker.“ Eine Gemeinsamkeit zwischen Márton und Karátson sei die Beschäftitung mit Goethes Faust gewesen, denn Ersterer übersetzte die beiden Teile des großen Werks vor wenigen Jahren neu. Allerdings sei der „Faust“ kein Thema ihrer Gespräche gewesen, denn die Übersetzungsarbeit habe Márton erst nach Karátsons Tod begonnen.


Der Sohn Dávid Karátson sprach über das Verhältnis seines Vaters zu Goethes Farbenlehre und seinem ganz speziellen Interesse für Naturwissenschaften. Mit den verschiedenen Farbenlehren beschäftigte er sich in Vergleichen immer wieder. Gerade die Farbenlehre Goethes ist in Zusammenhang mit der Ausstellung interessant. Karátson verglich Goethes Stimmungslehre mit dem naturwissenschaftlichen Ansatz Newtons. Es erstaunt nicht, dass Karátson sich außerdem intensiv mit Johannes Ittens Farbkreis beschäftigte, als er 1978 dessen Buch „Kunst der Farbe“ übersetzte.


Die nun in Stuttgart zu sehende Wanderausstellung, die im Januar 2022 in Szentendre begann, konzentriert sich auf Karátsons Arbeiten zu Goethes „Faust“ und zeigt 64 Bleistiftzeichnungen und dreizehn Linolschnitte. Letztere sind großformatig und waren nach einem Einzelgemälde Ende der 1960er-Jahre ein erster Zyklus zu „Faust“. Nach diesen einfarbig schwarzen Drucken folgten in den 1970er-Jahren die im Format wesentlich kleineren Arbeiten. Diese lassen sich noch einmal unterteilen in die Bleistiftzeichnungen als Querformate und die aquarellierten Bleistiftzeichnungen in Hochformat. Farbige Faust-Illustrationen stellen eine Besonderheit dar, was natürlich damit zusammenhängt, dass Vierfarbdruck in einer Buchausgabe einen viel größeren Aufwand bedeutete als Schwarz-Weiß-Druck.


Nicht nur in Bezug auf die kleinteiligen Zeichnungen sondern auch was die assoziative Farbgebung angeht, ist ein Vergleich mit Paul Klee interessant. Mit dessen Werk hat sich Karátson beschäftigt und er übersetzte sogar dessen „Pädagogisches Skizzenbuch“. Die Bleichstiftzeichnung nutzte Karátson zur Darstellung des Bildmotivs. Er beließ es in der Regel bei der Darstellung der Kanten. Nur gelegentlich setzte er kleine Schraffuren ein, um Räumlichkeit zu schaffen. Das Gewirr aus Linien hätte aber oft kein klares Bild ergeben. Erst die Farbe legte dieses fest. Karátson überlegte sich ganz genau, welche Bleistiftstriche er beim Aquarellieren als scharfe Kante zwischen Farbflächen betonte und wo er mit der Farbe über die Linien einfach hinwegging. 


Bei Karátsons Farbgebung ist ein Vergleich mit Goethes Farbenlehre interessant. Bild 9 zeigt Faust mit wildem, in die Wolken des Himmels übergehendem Haar. Faust ist vor allem durch die Farben gelb und orange mit Übergängen zu grün geprägt, was in Goethes Farbenkreis die Bereiche Vernunft und Verstand versinnbildlicht und für Charaktereigenschaften wie edel und gut steht.


Ausstellung
Die Farben des Faust

Bilder von Gábor Karátson“
19. Januar – 24. Februar 2023
Liszt-Institut
Christophstraße 7
70178 Stuttgart
0711/7269630227
www.culture.hu/stuttgart

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