Vor 100 Jahren: Der Tenor Robert Hutt gastierte am Deutschen Opernhaus Berlin
„… es stellte sich in seiner Leistung jene wohltuende Harmonie ein …“
– Der Tenor Robert Hutt gastierte als Manrico am Deutschen Opernhaus Berlin –
von Klaus J. Loderer
Die in Berlin erscheinende Tageszeitung Vossische Zeitung veröffentlichte am 30. August 1921 in der Morgenausgabe eine kurze Kritik über eine Vorstellung am Deutschen Opernhaus in Berlin: „Im Deutschen Opernhause gastierte Robert Hutt als Manrico. Anfangs verleitete ihn die Größe des ungewohnten Raumes zu überflüssigem Kraftaufwande, doch fand er sich bald zurecht, und es stellte sich in seiner Leistung jene wohltuende Harmonie ein, die uns in all seinen Leistungen bemerkenswert erscheint. Die Wirkung, die von seiner künstlerischen Persönlichkeit ausgeht, war hier, in der anderen Umgebung, natürlich noch stärker als in der Staatsoper. Als Azucena stellte sich die neuengagierte Altistin Carla Raslag-Sarten vor. Sie hat einstweilen mehr Natur als Kunst einzusetzen; sie legt die großen Töne hin, die überraschen, um alsbald wieder in ein klang- und ausdrucksloses Piano zu versinken. Die Höhe bietet ihr unüberwindliche Schwierigkeiten, und in der Sprachbehandlung fehlt jede rechte Kultur. Im Schauspielerischen brachte sie mit leidenschaftlicher Erregtheit das Landesübliche. M.M.“
Hinter dem Kürzel M.M. verbarg sich der Musikkritiker Max Marschalk, der über mehrere Jahrzehnte die Opernkritiken der Vossischen Zeitung prägte.
Das Deutsche Opernhaus in Berlin – Vorgängergebäude der Deutschen Oper |
Es handelte sich um die Vorstellung von Verdis „Der Troubadour“ (Il trovatore) am 28. August 1921. Meta Seinemeyer sang Leonora. Diese war für den Kritiker aber nicht interessant, da sie zum Ensemble gehörte und ihr Rollendebüt bereits am 8. Juli 1921 stattgefunden hatte. Das Theater war das 1912 eröffnete Deutsche Opernhaus, dem Vorgängerbau der Deutschen Oper Berlin, das zeitweilig auch Städtische Oper hieß.
Robert Hutt als Lohengrin Foto: Forgotten Opera Singers |
Robert Hutt
Der erwähnte Tenor war Robert Hutt (1878-1942), ein Sänger im Ensemble der Staatsoper Berlin. Die Bemerkung des Kritikers über die für ihn ungewohnte Größe des Raums, bezieht sich darauf, dass das Deutsche Opernhaus einen wesentlich größeren Bühnen- und Zuschauerraum besaß als die Staatsoper. In seiner Geburtsstadt Karlsruhe sang er ab 1901 im Opernchor des großherzoglichen Hoftheaters und debütierte 1903 als Solist. Später war er ab 1904 in Düsseldorf und ab 1911 in Frankfurt am Main. Dort sang er 1912 in der Uraufführung von Waltershausens „Oberst Chabert“. In der Frankfurter Erstaufführung von Wagners „Parsifal“ sang er die Titelrolle. Zu Gastspielen war er in Dresden, München und Brüssel. 1913 und 1914 trat er in London auf, darunter im Theatre Royal Drury Lane als Walther von Stolzing und im Royal Opera House Covent Garden als Parsifal. 1917 sang er erstmals an der Berliner Hofoper. 1920 wirkte er an der Berliner Erstaufführung von Richard Strauss’ „Die Frau ohne Schatten“ an der Staatsoper Berlin mit, 1926 in Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“. 1923 bereiste Hutt im Rahmen einer Tournee mit der German Opera Company Nordamerika. Bis 1927 war er Mitglied der Staatsoper Berlin. Seine Ehefrau war die Sopranistin Anna Hutt (Künstlername Ernesta Delsarta), die Tochter des Münchner Hoftheaterintendanten Ernst von Possart.
Carla Raslag-Sarten Foto: Jahrbuch des Deutschen Opernhauses in Charlottenburg 1921/1922 |
Carla Raslag-Sarten
Weniger bekannt ist die Altistin Carla Raslag-Sarten, die am 28. August 1921 die Azucena sang und von der der Kritiker nicht gerade angetan war. Sie war in den Spielzeiten 1921/22 und 1922/23 am Deutschen Opernhaus. 1925/1926 war sie am Staatstheater Braunschweig. 1927/1928 war sie bei den Städtischen Bühnen in Essen und sang in Mozarts „Idomeneo“ und in Händels „Muzio Scevola“. Im Sommer 1932 trat sie auf der Waldbühne Danzig in „Tiefland“ als eine der Mägde auf. 1936 ging sie an das Theater Neustrelitz. Sie sang in der Spielzeit 1945/1946 im Stadttheater Rostock in „Tiefland“ die Rolle der Rosalia.
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