Konzert: „Very British“ mit Waltons „Belshazzar’s Feast“ – Berliner Dom – 2018
Die Kuppel des Berliner Doms Foto: Klaus J. Loderer |
Thomas Berau singt „Mystical Songs“
– Konzert „Very British“ der Berliner Domkantorei im Berliner Dom mit Waltons „Belshazzar’s Feast“ –
von Klaus J. Loderer
Die Festlichkeit hat sich in der englischen Musik bis heute gehalten. Das liegt wohl daran, dass die Spätromantik sich in England bis weit in das 20. Jahrhundert hineinzieht. Dieses Phänomen findet man sowohl in der geistlichen Musik wie in der Filmmusik. Ein Beispiel, das beide Bereiche miteinander verbindet, ist die Musik zu Kenneth Brannaghs Film „Henry V“. Im Film unterlegt dieses Musikstück das Ende einer Schlacht. Beim Konzert „Very British“ der Berliner Domkantorei war es als effektvolles Einstiegsstück zu hören. Der 1953 geborene schottische Komponist Patrick Doyles hat die Musik zu zahlreichen Filmen Brannaghs komponiert. Für „Non nobis domine“ erhielt er übrigens 1989 den Ivor Novello Award für die beste Filmmusik.
Dem Chor- und Orchesterstück „Non nobis domine“, basierend auf dem Psalm 115,1 (Nicht uns, o Herr, sondern Deinem Namen gib Ehre) ist der lateinische Text als Sängersolo vorgelagert (hier übernommen von Domkantor Tobias Brommann), bevor dann zuerst die Männerstimmen den Text wiederholen und dann als Fuge Orchester und die weiteren Chorstimmen einsetzen. Das entsprechende Cresendo hat eine sehr festliche Wirkung, noch unterstützt durch die schließlich einsetzenden Blechbläser. So steigert sich das Stück mit den zahlreichen Wiederholungen des Themas immer weiter bis zum Becken-unterstützten Fortissimo-Finale. Diesem Effekt konnte man sich auch im Berliner Dom nicht entziehen.
Beim Konzert im Berliner Dom wirkten die Berliner Domkantorei und der Braunschweiger Domchor zusammen. Für die Orchesterbegleitung konnte das Staatsorchester Braunschweig gewonnen werden, übrigens eines der ältesten Orchester der Welt. Es basiert auf der 1587 von Herzog Julius zu Braunschweig-Wolfenbüttel gegründeten Hofkapelle.
Es folgten die fünf „Mystical Songs“. Der 1872 geborene Ralph Vaughan Williams vertonte zwischen 1906 und 1911 vier Gedichte des im 17. Jahrhundert lebenden Pfarrers George Herbert. In Berlin führte man die „Mystical Songs“ als Sologesang, begleitet vom Orchester auf. Mit großer Wortverständlichkeit war der Bariton Thomas Berau, langjähriges Mitglied des Nationaltheaters Mannheim, zu hören.
Auch mit der „Fantasia on a Theme by Thomas Tallis“ griff Vaughan Williams auf die Geschichte zurück. Hier inspirierte ihn ein Lied, das er zu einem Orchesterstück verarbeitete. Da in Deutschland diese Melodie des Renaissancekomponisten Thomas Tallis (1505-1585) eher weniger bekannt ist, war es eine gute Idee, der „Fantasia“ das eigentliche Lied, gesungen von einem Quartett, voranzustellen. Vaughan Williams hat sich intensiv mit elisabethanischer Musik beschäftigt. Die „Fantasia“ wurde 1910 in der Kathedrale von Gloucester uraufgeführt. In der Fantasia ist eine Gruppe von Streichern ausgelagert, um mit dem Kontrast zwischen dem kleinen Streicherensemble und dem großen Orchester darzulegen. Dies wurde auch im Berliner Dom so gemacht. Sechs Streicher hatten ihren Standort abgesetzt vom Hauptorchester. Da bei diesem Stück Tobias Brommann im Quartett mitsang, dirigierte der Braunschweiger Domkantor Gerd-Peter Münden dieses Stück.
Bei „Belshazzar’s Feast“ übernahm dann wieder der Berliner Domkantor Tobias Brommann die Leitung. Dieses Stück basiert auf der Überlieferung über den babylonischen König Belsazar, der im Buch Daniel in der Bibel erwähnt wird. Berühmt ist die mysteriöse Schrift an der Wand, von der das Wort Menetekel abgeleitet wird. Dieses Thema faszinierte natürlich auch die Künstler. Ich erinnere nur an Rembrandts Bild „Das Gastmahl des Belsazar“. Und es gibt einige musikalische Bearbeitungen. Vergesseb ist heute Georg Philipp Telemanns Oper „Das Ende der babylonischen Monarchie oder Belsazar“ von 1723. Die Barockmusikfans kennen eher Georg Friedrich Händels 1745 uraufgeführtes Oratorium „Belshazzar“. Auch Rossinis Oper „Ciro in Babilonia“ aus dem Jahr 1812, vor einigen Jahren in Pesaro wiederaufgeführt, greift das Thema auf. Louis Spohrs großes Oratorium „Der Fall Babylons“ hat 2013 der Konzertchor Braunschweig aufgeführt. Nicht zu vergessen ist Robert Schumanns Vertonung von Heinrich Heines Ballade „Belsatzar“. Die bekannteste musikalische Umsetzung des Stoffs ist natürlich „Nabucco“. Allerdings sind in Giuseppe Verdis Oper König Nebukadnezar II. und sein Sohn Belsazar zu einer Person vereinigt.
Man sieht, in welcher vielfältigen Tradition Sir William Turner Waltons Kantate steht. Auf Bibeltexte griff Osbert Sitwell, der Bruder der exzentrischen Dichterin Dame Edit Sitwell, für den Text von „Belshazzar’s Feast“ zurück, besonders auf das Buch Daniel und den Psalm 137. Uraufgeführt wurde die Kantate 1931 beim Leeds Festival. Sie gehört zu den bekanntesten Werken Waltons, ist allerdings in Deutschland wenig bekannt. Das mag natürlich auch an der großen Chorbesetzung liegen, die man zur Aufführung benötigt. Insofern ist es sehr löblich, dass die Berliner Domkantorei das Werk zur Aufführung brachte. Effektvoll trat der Wechsel zwischen den solistischen Texten und den Chorpartien hervor. Wieder sang Thomas Berau. Auch die plötzlichen Wechsel der Harmonien arbeitete Brommann gut heraus. Brutal ist nicht nur der Text mit der Forderung nach der Zerstörung Babylons. Walton illustriert dies mit einem musikalischen Chaos bewusster Disharmonien. Die Stimmung wird beim zentralen Fest des Königs wieder ausgelassener. Den Schrei „slain“ bellte der Riesenchor geradezu heraus. Diese Ermordung des Königs leitet einen plötzlichen Stimmungswechsel in der Musik ein. Es folgt der dramatische Untergang Babylons, bevor der Tonfall wieder umschlägt zu einer tänzerisch ausgelassenen Stimmung der Freude darüber. Etwas problematisch war allerdings bei den schnellen Stellen die Akustik des Doms, denn der lange Nachhall verschliff diese Partien leider etwas. Und das trotz der akzentuierten Exaktheit der Aufführung. Dafür konnte man bei den langsamen Stellen allerdings den breiten Raumklang genießen.
Man sieht, in welcher vielfältigen Tradition Sir William Turner Waltons Kantate steht. Auf Bibeltexte griff Osbert Sitwell, der Bruder der exzentrischen Dichterin Dame Edit Sitwell, für den Text von „Belshazzar’s Feast“ zurück, besonders auf das Buch Daniel und den Psalm 137. Uraufgeführt wurde die Kantate 1931 beim Leeds Festival. Sie gehört zu den bekanntesten Werken Waltons, ist allerdings in Deutschland wenig bekannt. Das mag natürlich auch an der großen Chorbesetzung liegen, die man zur Aufführung benötigt. Insofern ist es sehr löblich, dass die Berliner Domkantorei das Werk zur Aufführung brachte. Effektvoll trat der Wechsel zwischen den solistischen Texten und den Chorpartien hervor. Wieder sang Thomas Berau. Auch die plötzlichen Wechsel der Harmonien arbeitete Brommann gut heraus. Brutal ist nicht nur der Text mit der Forderung nach der Zerstörung Babylons. Walton illustriert dies mit einem musikalischen Chaos bewusster Disharmonien. Die Stimmung wird beim zentralen Fest des Königs wieder ausgelassener. Den Schrei „slain“ bellte der Riesenchor geradezu heraus. Diese Ermordung des Königs leitet einen plötzlichen Stimmungswechsel in der Musik ein. Es folgt der dramatische Untergang Babylons, bevor der Tonfall wieder umschlägt zu einer tänzerisch ausgelassenen Stimmung der Freude darüber. Etwas problematisch war allerdings bei den schnellen Stellen die Akustik des Doms, denn der lange Nachhall verschliff diese Partien leider etwas. Und das trotz der akzentuierten Exaktheit der Aufführung. Dafür konnte man bei den langsamen Stellen allerdings den breiten Raumklang genießen.
Besuchte Vorstellung: 17. November 2018
Berliner Dom
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