Schwungvolle Operette: „Frau Luna“ von Paul Lincke – Theater Dortmund – 2018
Berliner auf dem Mondscheinball
– Erik Petersen inszeniert Paul Linckes Operette „Frau Luna“ in Dortmund –
von Klaus J. Loderer
Fritz sucht den Mann im Mond und findet Frau Luna. Der begehrtesten Frau des Universums zieht Fritzchen dann aber doch die Berliner Maid Marie vor, die von Prinz Sternschnuppe auf den Mond geholt wird, weil Frau Luna der einzige Himmelskörper ist, den er noch nicht hatte. Und jetzt kommt ihm dieser Fritz in die Quere. Dann angelt er sich aber doch Frau Pusebach, die dem Steuerbeamten Pannecke auf den Mond gefolgt ist. Und wen liebt dann am Ende noch mal Schneider Lämmermeier? Jedenfalls beschließen Frau Luna und ihr Haushofmeister Theophil, der auf einem Erdgang während einer Mondfinsternis sich mal mit Frau Pusebach vergnügt hat, am Ende, dass sie für Ehe und Treue nicht geeignet sind, das sei doch eher etwas für die da unten, also das Theaterpublikum. Noch klar, wer mit wem? Nicht? Macht nix. Operetten sind da ungefähr so einfach wie Barockopern. Rein statistisch gesehen hat aber eigentlich Frau Pusebach die meisten Liebhaber in dieser Operette.
„Frau Luna“ am Theater Dortmund: Morgan Moody, Marvin Zobel und Bono KaradjovFoto: Theater Dortmund |
Dann fangen wir mal anders an: der Mechaniker Fritz (Bonko Karadjov) ist zum Entsetzen seiner Schwiegertante Frau Pusebach arbeitslos und möchte zum Entsetzen seiner Verlobten Marie auf den Mond, um mit dortigen Wohnungen das Berliner Wohnungsproblem zu lösen. Wohl der Ansatz, warum Tatjana Ivschina mit Kostümen und Bühne die Geschichte aus dem Uraufführungsjahr 1899 in die Zeit der Weltwirtschaftskrise verlegt hat. Eine düstere Mietskasernenfassade bildet den Hintergrund. Marie warnt Fritz vor Schlössern, die im Monde liegen – ein bekannter Ohrwurm von Paul Lincke – und von Julia Amos sehr einfühlsam gesungen. Steuerbeamter Pannecke (Marvin Zobel) möchte auf den Mond, um Frau Pusebach zu entfliehen, die sich mit ihm von einer Sommernachtsbekanntschaft trösten möchte. Noch so ein Ohrwurm: „Oh Theophil“. Man schmunzelt über Johanna Schoppa als urkomischen Hausdrachen Frau Pusebach, drall und mit Berliner Schnauze. Schneider Lämmermeier (Morgan Moody) schneidert Fritz eine Mondfahrtuniform und möchte auch mit. Kaum hat Fritz seiner Marie versprochen, das Mondprojekt aufzugeben, machen sich die drei Männer auch schon auf mit Fritzens Spezialballon. Frau Pusebach erwischt dann gerade noch ein Seil, damit ihr Pannecke nicht entwischt. Zur Umbaumusik sieht man in Dortmund als witzigen Schwarzweißfilm den Flug durch die Milchstraße, an der man sich mit Milch stärkt, während Frau Pusebach unten am Seil kopfüber mitgezogen wird und etwas derangiert ankommt.
Auf dem Mond kommt man aber ziemlich ungelegen an. Denn dort bereitet man sich gerade auf den großen Mondscheinball vor. Die Chordamen geben ein bemerkenswertes Mondputzgeschwader. Haushofmeister Theophil (mit trockenem Humor Dirk Weiler) bemerkt zufällig, dass es sich bei Frau Pusebach, um eine Exbekanntschaft handelt, was seine Verlobte Stella (Ileana Mateescu) nicht unbedingt erfahren sollte. Beide liefern uns ein köstliches Duell, äh Duett. Nun kommt auch der bekannteste Ohrwurm dieser Operette, wahrscheinlich die bis heute berühmteste Paul-Lincke-Melodie überhaupt: „Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft“, gewissermaßen das Leitmotiv der Gäste aus Berlin für den Rest der Operette. Um diese Berliner Luft herum hat Librettist Heinz Bolten-Baeckers die ganze Operette herumgebastelt. Was nun noch fehlt ist natürlich der Mondscheinball.
Der zweite Teil der Operette ist als Revue angelegt. Da singen und tanzen Planeten (Christine Groeneveld als Venus und Natascha Valentin als Mars), Kometen (der Herrenchor) und Mondgrazien. Jetzt taucht auch endlich die eigentliche Titelpartie, Frau Luna, auf. Und wenn man sonst gerne lästert, dass als Regiegag nur noch fehle, dass ein Sänger im Kopfstand sänge, hier sieht man es. In das Luftballett an weißen Bänden – Petra Idelberger und Petra Tobies mit Luftartistik – wird Emily Newton schaukelnd integriert, was zuerst noch harmlos aussieht. Das Publikum hält den Atem an, als sie kopfüber schaukelt und dann auch noch singt. Da staunt man dann doch. Solch artistische Leistungen von Sängern sieht man selten. Und Emily Newton kann in dieser Position sogar noch singen und das auch noch gut. Wie staunt Fritz, dass Herr Mond eine Frau Luna ist.
Julia Amos spielt in dieser Szene den Mondgroom, der dann versehentlich auf der Erde vergessen wird, als Kammersänger Hannes Brock als Prinz Sternschnuppe dort Marie abholt, damit sie wieder das biedere Mädel übernehmen kann.
Dirigent Philipp Armbruster liefert dazu mit den Dortmunder Philharmonikern eine muntere Musik. Und im Finale hören wir die erstaunliche Verschmelzung von „Schlössern, die im Monde liegen“ und „Das ist die Berliner Luft“. Aber war man nun eigentlich auf dem Mond oder sind unsere drei Herren nur einfach in einem Berliner Etablissement abgestürzt? Wie auch immer. Regisseur Erik Petersen zaubert jedenfalls mit amüsanten Ideen eine quirlige Operette.
Besuchte Vorstellung: 17. Mai 2018
(Premiere am 13. Januar 2018)
Opernhaus Dortmund
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