Chansonprogramm: Tante Woo und Roman Who? mit Liedern von Udo Jürgens – 2018

Vom Prinz und der Prinzessin, die auszogen, uns von Glück und Leid zu berichten 

– Tante Woo und Roman Who? mit ihrem Programm „Udo für alle“ im Amadeus in Köln – 

von Matthias Woehl

Bitte eine Stunde vor Beginn des Konzerts da sein, es wird voll. Das wurde mir beim Bestellen der Karte bereits mitgeteilt. Das hieß eine Stunde warten, Zeit nachzudenken. Udo Jürgens, nicht unbedingt mein Œuvre. Erst vor drei Jahren, als ich einen halben Meter seiner CDs erbte, habe ich begonnen, mich näher mit seinem Schaffen zu befassen. Erstaunliches trat da für mich ans Tageslicht. Was werden die beiden aus seinem üppigen Repertoire aus Schlagern und Chansons wohl auswählen und wie wird man es darbieten? Beide Künstler kommen vom klassischen Gesang, Tante Woo ist Andreas Schmidt, Roman Who? der Bariton Roman Grübner. Ich will mich überraschen lassen, ich bin ja offen für Alles, Hauptsache es ist gut. Die Spannung steigt, Tusch, Ansage, es geht los. 

Tante Woo und Roman Who?, das Duo  Andreas Schmidt und Roman Grübner
Foto: Matthias Woehl

Einer Explosion ähnlich stürzen die beiden auf die Bühne, oder besser davor, weil es oben wohl unangenehm riecht. Das muss man erst mal können, sich einfach so ins Publikum zu stürzen und von dort aus zu agieren, sind doch Bühnenprogramme irgendwie auf Distanz ausgelegt. Doch es funktioniert. Natürlich ertönen die „Gassenhauer“ von Udo Jürgens, ein „Aber bitte mit Sahne“, „Ich war noch niemals in New York“ oder „Ich weiß, was ich will“, was das Publikum zum Mitsingen anregt und welche frenetisch bejubelt werden. Doch da gibt es auch andere Momente, ruhige, bei  denen Chansons ertönen, die einen regelrecht sentimental werden lassen. Da ist etwa das hervorragend von Roman Who? vorgetragene „Was ich Dir sagen will, sagt mein Klavier“ oder das herzzerreißende „Ich würd‘ es wieder tun“ von Tante Woo. Sie sitzt bei ihrem Vortrag auf einem Barhocker, und es wirkt fast, als würde sie das Chanson gerade in diesem Moment erfinden. Rührung im Blick, ein Augenaufschlag, eine eingefügtes „ja“ im richtigen Moment, das hat so viel Eleganz, und rührt zutiefst. Überhaupt empfinde ich die Mischung aus Stimmungs-Schlagern und langsamen oder rührenden Liedern, ideal ausgewogen!

Das musikalische Programm begleiten aber auch urkomische und freche Conférencen. Da berichtet man von den kürzlich absolvierten Konzerten auf dem Kreuzfahrtschiff Aida, da wird davon erzählt, wie man sich mit Selbstbräuner und Sexspielzeug auf das eben im Chat verabredete Date vorbereitet. Wer aber denkt, das hat keine Tiefe, dem bleibt das Lachen bei der Geschichte eines Prinzen, der auszog von Depressionen zu berichten, und anderen Menschen mit dem gleichen Problem zu helfen, im Halse stecken.

Beim Vortrag von Tante Woo merkt man schnell, dass sie von sich und ihrer Krankheit berichtet. Tante Woo, alias Andreas Schmidt ist nämlich der Vorsitzende der Künstlerhilfe e.V., die sich auf die Fahnen geschrieben haben, an Depressionen erkrankten Künstlern bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen. Übrigens geht der Erlös aus den Eintrittsgeldern in die Kasse des Vereins. Mit einem schwungvollen „Heute beginnt der Rest Deines Lebens“ holen die beiden einen zum Schluss des Programms wieder aus der nachdenklichen Situation ins freudige Leben zurück. Großer Jubel und ein paar Zugaben beschließen den großartigen Abend.

Ich fühle mich gleichzeitig gerührt und hervorragend unterhalten. Aber das ist nicht alles. Es wird großartig gesungen, kunstvoll mit Worten umgegangen und das Ganze äußerst unterhaltsam präsentiert. Einige Lieder sind auch geschmackvoll umgetextet, damit sie zum Duett taugen. Gesungen wird auf höchstem Niveau, zweistimmig, mit einer unglaublichen Körperlichkeit und einer frappierenden Bühnenpräsenz. Was mich aber am meisten fasziniert ist, wieviel Kunstfertigkeit in den beiden schlummert, Lieder eines großen Stars, die jeder kennt, förmlich zu den ihren eigenen zu machen. Und das ganze ohne Distanz, ganz nahe, so voller Leben und Lust, und doch auch so rührend.

Besuchte Vorstellung: 19. Mai 2018
Amadeus Köln


Der Autor betreibt die Seite Callas&Co mit historischen Aufnahmen

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