Premierenkritik: Mozarts „La clemenza di Tito“ – Badisches Staatstheater Karlsruhe – 2017

Unisex Titus in schönstem Klang

– Premiere von Mozarts „La clemenza di Tito“ im Badischen Staatstheater Karlsruhe – 

von Matthias Woehl

Gerade eine Woche vorher habe ich in Essen einen zum Einschlafen langweiligen „Titus“ gehört, aber Karlsruhe hat mir den Spaß an Mozarts letzter Oper wieder zurückgegeben. Schon als das Orchester (Musikalische Leitung Gianluca Capuano) erklang war klar, das wird ein aufregendes Opernereignis. Vom Kaisermarsch bis zu den leiseren Stellen erkling differenziert und temporeich, überhaupt nicht langweilige, sondern inspirierte Musik, die auf das äußerste unterhält und berührt. Dazu entwickelt Regisseur und Kostümbildner Patrich Kinmonth ein wirklich ansehnliches Bühnenspektakel.

Titus in Karlsruhe: Dilara Baştar (Sesto), Renatus Meszar (Publio), Katherine Broderick (Vitellia), Kristina Stanek (Annio), Chor des Badischen Staatstheaters
Foto: Gregory Batardon

Untersucht man es im Detail, ist man manchmal verwirrt, denn unterschiedliche Kulturen und Religionen halten dort Einzug. Seine Protagonisten tragen alle ein ähnliches Gewand, Frauen wie Männer, auch wenn man dann im Detail schon erkennt, das alle Sänger mit Hosenrollen schon eine solche tragen, die wiederum wie Kleider fallen. Das schafft ordentlich Verwirrung zwischen den Geschlechtern und lässt manche Beziehung zwischen den Figuren in einem anderen Licht stehen. Durchaus spannend, hätte der Regisseur sich getraut, die homoerotischen Andeutungen auch einmal durchaus konkret werden zu lassen.

Jesus Garcia singt uns spielt einen überzeugenden Titus, obwohl er als indisponiert angekündigt wurde. Grandios die beiden Hosenrollen, der Sesto von Dilara Bastar und der Annio von Kristina Stanek. Beide billieren mit hervorragenden Läufen, herrlichen Spitzentönen, anrührenden Momenten in ihrem Arien, durchaus unterschiedlicher art, aber Beide hervorragend. Katherine Broderick singt ihre Vitellia mit schöner Mittelage, doch leider kann sie die Stimme für die Rezitative nicht mehr zurücknehmen, und es fehlt ihr auch an Höhe für die Partie. Herrlich hingegen Uliana Alexyuk als Servilla.

Die Buhrufe an diesem Abend kann ich nicht verstehen, denn es gab vielleicht diskussionswürdige Dinge, aber keineswegs zu bebuhende Sachen. Doch der Jubel überwiegte, und so endete ein herrlicher Opernabend und entlässt seine Zuschauer in den warmen Sommerabend.

Besuchte Vorstellung: Premiere am 8. Juli 2017
Badisches Staatstheater Karlsruhe

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